{nomultithumb}Juri Hälker, Claudius Vellay (Herausgeber): »Union Renewal – Gewerkschaften in Veränderung Texte aus der aktuellen internationalen Gewerkschaftsforschung«, Hans-Böckler-Stiftung 2007, 302 Seiten, 19,00 Euro
Von Micha Neunzig
Die derzeit stattfindende Debatte um die gewerkschaftliche Erneuerung (Union Renewal) geht hervor aus der Veränderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Grundlagen gewerkschaftlichen Handelns.
In Deutschland, wie in vielen anderen Industrieländern geht der Trend weg von der Schwerindustrie – und hin zu mehr Dienstleistungsbeschäftigung. An dieser Trendwende müssen sich Gewerkschaften orientieren und auch mithalten: Sie müssen hineinwachsen, regelrecht investieren in teilweise völlig neuen Branchen – um weiter eine Stimme der Beschäftigten zu sein und würdige Arbeitsbedingungen zu erkämpfen. Eine weitere Herausforderung für Gewerkschaften ist die Internationalisierung der Wirtschaft.
Außerdem ist in mehreren Industrieländern eine Aufkündigung des sozialpartnerschaftlichen Dialogs von Seiten der Arbeitgeber zu spüren. Die Gewerkschaften verloren damit Teile ihrer anerkannten, institutionellen Macht. Errungenschaften die vor einigen Jahren noch am Verhandlungstisch erzielt wurden – eventuell untermauert durch ein wenig Streik – können heute zunehmend nur durch massive Streiks, also durch organisatorische Gewerkschaftsmacht, verteidigt werden. Fehlt diese – in Form von Streikfähigkeit und hohem Organisationsgrad – sind kaum zufrieden stellende Abschlüsse zu erzielen.
Die Debatte um gewerkschaftliche Erneuerung fiel also nicht vom Himmel, sondern erhält ihre Dynamik in vielen Ländern aus den ganz praktischen Konsequenzen fallender Mitgliederzahlen und zunehmendem Einflussverlust in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Forschung zu gewerkschaftlicher Erneuerung untersucht die Handlungsstrategien, die Gewerkschaften entwickeln, um den heutigen Herausforderungen gewachsen zu sein.
Mit dem Buch »Union Renewal – Gewerkschaften in Veränderung« wollen die Herausgeber Juri Hälker und Claudius Vellay die Forschung zu gewerkschaftlichen Erneuerungsstrategien in vergleichbaren Industrieländern (Frankreich, Großbritannien und USA) einer deutschen Leserschaft zugänglich machen. Um die Ergebnisse der Gewerkschaftsforschung dieser Länder möglichst ungefiltert darstellen zu können, wurden die Studien leicht lesbar zusammengefasst.
Das Buch gliedert sich in sieben Themenfelder. Die Autoren fragen beispielsweise nach der Krise der Gewerkschaften und den internationalen Herauforderungen, vor denen diese stehen. Sie gehen „Sozialpartnerschaftlichen Tänzen« sowie „Fusionen und Neugründungen« nach und widmen je einem Abschnitt den Themen »Organizing«, »Frauen, Jugend und Migranten« und »Social Movement Unionism«.
Somit werden in dem vorliegenden Band alle wesentlichen Felder gewerkschaftlicher Erneuerungsstrategien beleuchtet. Wertvoll ist das Buch vor allen Dingen, weil es gelingt spannende Forschungsergebnisse und Blickwinkel aus anderen Ländern für die Debatte im deutschsprachigen Raum zusammenzufassen.
Schlagwörter: Bücher, Kultur