Welche Teile der Arbeiterklasse kämpfen gerade für ihre Interessen und wie können sie gewinnen? Beim marx21-Gewerkschaftsseminar werden aktuelle, aber auch historische Erfahrungen besprochen, berichtet Organisator Heinz Willemsen
marx21: Du organisierst Mitte Februar ein Gewerkschaftsseminar für marx21. Was ist die Idee dahinter?
Heinz Willemsen: Deutschland ist zwar nicht die Streikrepublik, wie der »Spiegel« vor zwei Jahren meinte. Aber überall regen sich Belegschaften und kämpfen für ihre Interessen. Wir denken, für alle diese unterschiedlichen Gruppen ist auch heute wichtig, was 1932 die Autoren des »roten Gewerkschaftsbuchs« geschrieben haben: sich sehr gründlich mit Kampffragen zu befassen und aus den Erfahrungen eine Streikstrategie herauszuarbeiten.
Aus Erfahrungen eine Strategie machen
Welche Themen wollt ihr dort diskutieren?
Eine der aktuell wohl wichtigsten Auseinandersetzungen ist der Kampf für mehr Personal und Entlastung in den Krankenhäusern. Wir wollen diskutieren, welche Aufgaben 2018 in diesem Bereich anstehen und welche Rolle DIE LINKE dabei spielen kann. Vor allem wollen wir an diesem Beispiel einmal konkret untersuchen, wie es um das viel diskutierte Verhältnis von Führung und Basis in den Gewerkschaften steht.
Außerdem hat der Aufstieg der AfD das politische Klima nachhaltig verändert. In vielen Betrieben sehen sich Gewerkschafter und Linke einem starken rassistischen Gegenwind ausgesetzt. Wir wollen deshalb in einem weiteren Block Rassismus und Internationalismus in der Arbeiterklasse am Beispiel des Umgangs mit den so genannten Gastarbeitern diskutieren.
Die Rolle der LINKEn in den Gewerkschaften
Und wir werfen einen Blick auf die 1970er-Jahre. In dieser Zeit hat es einen in der Geschichte der Bundesrepublik einmaligen Aufschwung an Streiks und Klassenkämpfen gegeben. Innerhalb weniger Jahre wuchs die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder rapide. Am Beispiel der 1970er-Jahre wollen wir untersuchen, wie sich kämpferische Ansätze aus betrieblichen Auseinandersetzungen entwickeln und auf welche Widerstände und Herausforderungen sie dann treffen.
An wen richtet sich das Seminar?
In den Auseinandersetzungen der letzten Jahre sind viele junge Beschäftigte erstmals aktiv geworden. Das Seminar bietet die Gelegenheit, die frisch gemachten Erfahrungen zu vertiefen und aus vergangenen Kämpfen zu lernen. In der LINKEN breitet sich die Erkenntnis aus, dass grundlegende Veränderungen nicht allein über die Parlamente bewerkstelligt werden können. Aber während in der Partei oft auf einer sehr abstrakten Meta-Ebene über Klasse diskutiert wird, machen wir hier ein Angebot, Theorie an ganz konkreten Beispielen zu entwickeln.
Wie wird das Seminar ablaufen?
Zu jedem Thema wird es ein Einführungsreferat geben. Für einige Themen haben wir auch Texte als Grundlage in einem Reader zusammengefasst. Natürlich gibt es auch ausgiebige Pausen, um die anderen Seminarteilnehmer kennenzulernen.
Gibt es eine Veranstaltung, auf die du dich besonders freust?
1973 ist es zu einer Welle von wilden Streiks gekommen. Wie bei Ford in Köln haben dabei oft migrantische Beschäftigte eine wichtige Rolle gespielt. Viele Menschen aus der Türkei sind erst mit den Streiks richtig in Deutschland angekommen. Was Nelli Tügel, die wir als Referentin gewinnen konnten, zum Umgang mit den Gastarbeitern zu sagen hat, darauf bin ich sehr gespannt.
Zur Person:
Heinz Willemsen ist Mitarbeitervertreter in einem diakonischen Sozialkonzern. Er ist Mitglied von ver.di und der LINKEN.
Zum Seminar:
- Freitag, 16.Februar – Sonntag, 18. Februar 2018
- Mehringhof, Gneisenaustraße 2a, Berlin-Kreuzberg
- Anmeldungen bitte an: danielanton.mail [ät] gmail.com
Schlagwörter: Arbeiterklasse, DGB, Gewerkschaft, Gewerkschaften, IG Metall, Klasse, Krankenhaus, Linke, Theorie, Verdi