Lange waren die Linksregierungen in Lateinamerika der Lichtblick im Kampf gegen den Neoliberalismus. Doch ihr Scheitern war absehbar, meinen Felipe Magnus Carvalho Schmidt und Nicole Möller-González
Für viele Sozialistinnen und Sozialisten stellten die linken Regierungsexperimente in Lateinamerika die große Hoffnung auf eine Alternative zum Neoliberalismus dar. Dort entstand während des letzten Jahrzehnts eine Vielzahl demokratischer Prozesse, die mehr oder weniger Widerstand repräsentierten, sowohl gegen die neoliberale Wirtschaftspolitik als auch gegen die imperialistischen Einflüsse der USA.
Das Scheitern der Klassenversöhnung
Doch trotz der Unterschiede zwischen diesen Projekten, wiesen sie dennoch eine ähnliche Inkonsequenz gegenüber den großen kapitalistischen Mächten auf. Lula da Silva in Brasilien und das Ehepaar Kirchner in Argentinien versuchten, ohne jegliche grundlegende strukturelle Veränderung die Idee einer Klassenversöhnung durchzusetzen. In Venezuela wiederum, setzte spätestens mit dem Amtsantritt von Nicolás Maduro eine Stagnation des bolivarischen Prozesses ein. Wirtschaftskrise, Korruptionsskandale und der Druck der bürgerlichen Medien führten in den vergangenen Jahren zur allgemeinen Unzufriedenheit der Bevölkerungen und sogar der Regierungsunterstützer. Das öffnete der Bourgeoisie einen Weg, ihre Interessen wieder direkt durchzusetzen. Das Ergebnis war ein konservatives Parlament in Venezuela, die Wahl Mauricio Macris zum Präsidenten in Argentinien und ein institutioneller Putsch in Brasilien. Der Aufstieg dieser konservativen Kräfte entstand aber nur durch das absehbare Versagen der Klassenversöhnungspolitik.
Alternativen zum »Sozialismus von oben«
Nun stellt sich die Frage, welchen Weg die Linke in der Region nehmen soll, um dieser Lage zu entkommen. Es braucht eine vereinte Front als dritte Alternative, die die Kämpfe aller Unterdrückten zusammenbringt. Zudem muss sie die Massen und die ehemaligen Unterstützer der gescheiterten Regierungen in diesen gemeinsamen Kampf einbeziehen. Dies kann aber nur gelingen, wenn zugleich eine klare Trennlinie zu den alten Regierungen gezogen wird und eine kritische Auseinandersetzung mit dem Versagen des »Sozialismus von oben« erfolgt. Die dritte Alternative muss zeigen, dass die Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Bauernbewegungen und der Jugend nur durch Organisierung und Widerstand von unten zu vertreten und durchzusetzen sind.
Schlagwörter: Argentinien, bolivarischer Prozess, Bolivien, Brasilien, Chavez, Kirchner, Klassenversöhnung, Lateinamerika, Linksregierung, Lula da Silva, Macri, Maduro, Neoliberalismus, Putsch, Rousseff, Sozialismus des 21. Jahrhundert, Südamerika, Venezuela