Sind Kämpfe für höhere Löhne zwecklos, weil sie nur die Preise erhöhen? Karl Marx beantwortete diese Frage im Jahr 1865 in seiner Schrift »Lohn, Preis, Profit«. Der Laika-Verlag hat sie nun neu herausgebracht. Von Thomas Walter
Der Laika-Verlag veröffentlicht in seiner Reihe »Marxist Pocket Books« einen weiteren Klassiker, nämlich Karl Marx’ »Lohn, Preis, Profit«. Der Ökonom Thomas Kuczynski fungiert als Herausgeber.
Bei »Lohn, Preis, Profit« handelt es sich um eine Rede, die Karl Marx 1865 vor dem Zentralrat der Internationalen Arbeiterassoziation hielt. Er setzt sich mit einigen Thesen seines Kollegen John Weston auseinander, stellt dabei die Grundzüge seiner eigenen Kapitalismustheorie dar und erklärt wichtige Grundbegriffe wie Preis, Wert, Wert der Arbeitskraft, Mehrwert und Profit. Zudem geht er auf die »Zusammensetzung des Kapitals« ein, also das Verhältnis zwischen jenem Teil des Kapitals, der in Anlagen und Maschinen, und jenem, der in Löhne investiert wird. Dieses Verhältnis nehme mit dem Fortschritt der Kapitalakkumulation zu. In seinem Werk »Das Kapital« (Erscheinungsjahr 1867) wird Marx diese Theorie zum »Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate« weiterentwickeln, womit er kapitalistische Krisen erklärt.
Lohnerhöhungen gehen zulasten der Profite
John Weston, der selbst in der Tradition des Frühsozialisten Robert Owen eine Gesellschaft mit selbstverwalteten Genossenschaften anstrebte, hatte behauptet, dass der Kampf der Arbeiterklasse für Lohnerhöhungen zwecklos sei, weil Lohnerhöhungen nur höhere Preise bewirkten oder zu niedrigeren Löhnen in anderen Wirtschaftszweigen führten. Marx argumentiert dagegen, dass Löhne zulasten der Profite erhöht werden können. Der Lohn als Wert der Ware Arbeitskraft umfasst nicht einfach das physische Existenzminimum, sondern enthält auch ein historisches und gesellschaftliches Element. Was den Arbeitern zugemutet werden kann, verändert sich mit der Zeit und unterscheidet sich zwischen Regionen und Ländern.
Aber Marx betont auch die »Abschaffung des Lohnsystems«, also den Sturz des Kapitalismus, als eigentliches Ziel der organisierten Arbeiterbewegung. Denn die Kapitalisten können auf Profit nicht verzichten und werden deshalb immer wieder versuchen, Löhne zu senken und Arbeitszeit zu verlängern. Marx antwortet John Weston, dass der Kampf für höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten zwar eine Sisyphusarbeit sei, aber notwendig, um über die »Minimalgrenze« des Lohns zu kommen. Zudem sei dieser Kampf eine Schule für die Arbeiterklasse, unter dem Banner »Nieder mit dem Lohnsystem« den Kapitalismus schließlich revolutionär zu stürzen.
Beschränkungen des Gewerkschaftswesens
Der Herausgeber Kuczynksi stellt in seinem Vorwort Hintergründe zu dieser Debatte dar. In Fußnoten nennt er die jeweiligen Stellen in Marx‘ späterem Hauptwerk »Das Kapital« und weist auf einige Unterschiede hin.
Die geschichtliche Entwicklung war zwiespältig. Tatsächlich blieben die Gewerkschaften letztendlich dem Kampf für Reformen innerhalb des Kapitalismus verhaftet. Andererseits konnten Arbeiter und Arbeiterinnen zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Gebieten ihre Lebensverhältnisse verbessern und längerfristig verteidigen. Kuczynski erwähnt die sich als revolutionär verstehende anarchosyndikalistische Freie ArbeiterInnen Union (FAU), die aber heutzutage nur 400 Mitglieder habe, während sie in der frühen Weimarer Republik noch groß war. Hier tut sich die Frage der grundsätzlichen Beschränkungen des Gewerkschaftswesens auf und welcher politischen Organisationsform es bedarf, um den Kapitalismus zu stürzen.
Die Debatte über Sinn oder Unsinn von Reformismus oder über die Notwendigkeit einer Revolution ist heute in den Gewerkschaften und in der LINKEN anhaltend aktuell. Es ist das Verdienst des Laika-Verlages und des Herausgebers Thomas Kuczinski, Marx’ Rede als einen wichtigen Beitrag hierzu wieder bekannt zu machen.
Das Buch: Marxist Pocket Books, Band 6: Karl Marx – Lohn, Preis, Profit. Mit einer Einleitung von Thomas Kuczynski, Laika-Verlag, Hamburg 2015, 140 Seiten, 9,90 Euro
Schlagwörter: Bücher, Das Kapital, Gewerkschaften, Kapital, Karl Marx, Kultur, Marx, Marxismus, Profit, Profitrate, Reformismus, Revolution, Theorie