Auf der Berlinale lief ein Polizei-Mafia-Thriller von Andrea Di Stefano mit sozialkritischen Bestandteilen. Thomas Walter hat ihn angesehen
Zum Intro des Films schwebt eine Kamera über dem nächtlichen Mailand (Umweltverschmutzung ist heraus manipuliert) und landet schließlich bei einer Wohnung. Dort ist Party. Es ist der letzte Arbeitstag (eigentlich bis 24 Uhr) des Polizisten Franco Amore (daher der irreführende Titel). Der Wechsel in den Ruhestand will gefeiert werden. Alle warten auf ihn. Seine Frau organisiert alles. Der Sohn ihres Cousins schießt Gummibolzen auf die Gäste. Der Cousin selbst, Dino, auch ein Polizist, ist auch noch nicht da. Endlich kommt Amore, seine Frau schaltet das Licht an, und alle rufen »Surprise«.
Später im Film werden all diese Party-Szenen noch einmal gezeigt. Inzwischen wissen die Zuschauer:innen, dass die große Katastrophe längst passiert ist. Vor ein paar Tagen hat Amore während seines Dienstes einem Chinesen, der einen Herzinfarkt erlitten hat, das Leben gerettet. Der Chinese erweist sich als sehr nett und sehr reich. Für Amore hat er einen guten Job als Sicherheitsmanager, sobald Amore pensioniert ist. Amore ahnt, dass das was mit chinesischer Mafia zu tun haben könnte – aber einen ganz legalen Job könnte er doch annehmen? (Der Film scheint von der Polizeigewerkschaft gesponsert zu sein. Es gibt immer wieder Hinweise auf die niedrigen Polizeigehälter (1800 Euro im Monat) und -pensionen.)
Doch schon mischt sich der Schwiegersohn des Clan-Chefs ein. Amore soll sofort einen Job machen, nicht erst nach seiner Pensionierung. Er soll gegen sehr hohe Bezahlung eine Frau vom Flughafen abholen und zu ihrem Hotel bringen. Sicherheitshalber nimmt Amore seinen Verwandten und Kollegen Dino mit.
Natürlich hat Amore nicht damit gerechnet, dass die Frau einen wertvollen Diamanten und einen Leibwächter dabei hat. Er rechnete auch nicht mit der Polizeistreife, die für einen konkurrierenden Mafiazweig arbeitet. Bald sind alle tot, außer ihm. Er und seine Frau versuchen jetzt sich und dem jetzt verwaisten Sohn von Dino das nackte Leben und auch noch den Diamanten als Altersvorsorge zu retten. Denn wenn die Polizei Amores Verwicklungen in den Fall mitkriegt, ist seine (kärgliche) Pension weg.
Der Film regt an, über die kapitalistischen Verhältnisse nachzudenken. Vielleicht will der Film auch eine Allegorie auf das Verhältnis Arbeit – Kapital sein, auch wenn Polizist:innen nicht gerade die typischen Arbeiter:innen sind. Eine Perspektive, wie die kapitalistischen Verhältnisse überwunden werden können, fehlt. Der Film verbreitet eher Hoffnungslosigkeit. Aber vielleicht will er auch nur ein normaler Polizei-Mafia-Thriller sein.
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