Mit dem Seminartag und dem Auftaktpodium zum Thema: »Streikland, Willkommenskultur oder AfD-isierung? Wohin steuert Deutschland?« ist gestern der von marx21 organisierte Kongress »Marx is‘ Muss« gestartet. Noch bis Sonntag finden in Berlin mehr als 100 Veranstaltungen und Workshops statt. Von Estela Garcia Priego
800 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich für den »Marx is‘ Muss«-Kongress 2016 vorab angemeldet, 200 mehr als im letzten Jahr. Zum Auftakt des Kongresses am Donnerstag den 5.5. war dementsprechend viel los. 500 Menschen beteiligten sich am ersten Kongresstag. In verschiedenen Workshops wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern beim Seminartag eine Einführung in verschiedene Aspekte der marxistischen Theorie geboten. In Kleingruppen diskutieren am Nachmittag Hunderte Aktivistinnen und Aktivisten, tauschen sich aus und lernen sich kennen.
Auftaktpodium
Am Abend startete dann das Auftaktpodium des Kongresses. Dort diskutierten Bernd Riexinger (Vorsitzender DIE LINKE), Christoph Kleine (Interventionistische Linke) und Janine Wissler (Fraktionsvorsitzende DIE LINKE Hessen und marx21 Unterstützerin) über den Aufstieg der AfD, die Rolle der antirassistischen Bewegung und die Aufgaben der Linken. Einigkeit bestand bei allen Rednerinnen und Rednern, dass der Aufstieg der Rechten jetzt durch breite Bündnisse bekämpft werden müsse. Bernd Riexinger erklärte: »Die Afd wird sich nicht von alleine erledigen. Wir brauchen massenhaften Widerstand gegen die neuen Rechten und ihren Rassismus.« Die Formierung des Bündnisses Aufstehen gegen Rassismus sei genau das richtige Signal gegen den Aufstieg der AfD.
Die soziale Frage
Laut Riexinger wäre es aber falsch, »die Wahlerfolg der AfD allein durch Rassismus und Rechtspopulismus zu erklären.« »Der Aufstieg der AfD ist nicht denkbar, ohne die soziale Polarisierung, die sich aufgrund der neoliberalen Politik in Deutschland aber auch weltweit dramatisch verschärft hat« so Riexinger, Vorsitzender der Linkspartei weiter. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen und guten Jobs, die Reduktion der Demokratie auf die Verwaltung von Sachzwängen seien der Nährboden, auf dem der rechte Kulturkampf gedeihen könne. Weil die Rechte die Flüchtlingskrise nutzt, um sie zu einem Konflikt zwischen draußen und drinnen zu machen, sei es die Aufgabe der Linken zu zeigen, dass es ein Konflikt zwischen oben und unten ist. Es gehe darum, dass die Linke »den Erwerbslosen und Beschäftigten, denjenigen, die sich schlecht bezahlt von Job zu Job hangeln müssen und die von Altersarmut bedroht sind, tatsächliche Angebote macht: für einen höheren und ausnahmslosen Mindestlohn, für eine menschenwürdige sanktionsfreie Mindestsicherung, für sichere Arbeit und höhere Löhne, für bezahlbaren Wohnraum und Renten, von denen man gut leben kann.« Wir bräuchte eine »Revolution der Gerechtigkeit«. Dabei müsse die LINKE viel mehr zu einer Partei werden, die nicht nur Sprachrohr, sondern eben auch Motor außerparlamentarischer Kämpfe ist. »DIE LINKE muss glaubwürdiger und besser die soziale Frage im Mittelpunkt stellen«. Der Kampf für soziale Gerechtigkeit und gegen Rassismus gehöre zusammen.
Die Flüchtlinge sind auch »wir«
Dem stimmte auch Christoph Kleine von der Interventionistischen Linken zu. Er betonte, dass der Erfolg der Rechten auch mit der Repräsentationskrise zusammenhängt. »Weil die die Wählerinnen und Wähler sich nicht mehr von den traditionellen Partien repräsentiert fühlen, suchen sie sich andere Strategien und Erklärungsmuster für die Welt – leider eben auch rechte.« »Die Linke muss mit der Stellvertreterpolitik brechen und Menschen zur Selbstaktivität ermuntern«. Dabei sollte die Linke die Geflüchteten miteinbeziehen: »Die Flüchtlinge sind auch wir«. Neben dem Aufbau von antirassistischen Bündnissen, sollte die Linke auch versuchen wieder in die Offensive zu kommen. »Die soziale Frage ist offen, und wir sollen sie nicht rechts liegen lassen«. Für 2017 lud er die Teilnehmenden ein die Blockupy-Mobilisierungen zum G20-Gipfel in Hamburg zu unterstützen.
Wir haben keine Rechte, wenn wir nicht dafür kämpfen
Auch Janine Wissler, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE in Hessen und Unterstützerin von marx21 macht in ihrem Beitrag deutlich, dass die Linke an der Seite von Geflüchteten stehen muss: »Wir können keine weitere Einschränkung der Asylrecht zulassen, das Asylrecht muss ausgeweitet werden». Sie betonte, dass die Asylrechtsverschärfungen der Großen-Koalition die Rechten erst stark gemacht haben. »Mit ihrer Hetze gegen Geflüchtete und den Islam haben all die Sarrazins, Söders und Seehofers der AfD nicht das Wasser abgegraben, sondern ihr den roten Teppich ausgerollt«. Der Aufstieg der Rechten begrenzt sich nicht alleine auf nur auf die AfD-Wahlerfolge, sondern beruhe eben auch auf den Anstieg von rassistischen Straßenmobilisierungen wie Pegida. Die AfD sei durch ihren Rechtsruck zum Kristallisationspunkt der Neuformierung einer rechten, offen rassistischen Szene geworden.
Aufstehen gegen Rassismus
»Die Gefahr, die von Nazis und rassistischen Gewalttätern ausgeht wurde vom Staat stets geleugnet« so Wissler weiter. Der Verfassungsschutz und die Polizei seien deswegen kein Partner im Kampf gegen rechts, sondern Teil des Problems. »Deswegen dürfen wir im Kampf gegen Rassismus nicht auf den Staat vertrauen, sondern müssen selber aktiv werden«. Wissler wies auch darauf hin, dass dieser Kampf nicht alleine von der radikalen Linken oder der Linkspartei durchgeführt werden kann. »Ohne relevante gesellschaftliche Mobilisierungen werden wir die Rechten nicht stoppen.« Auch in der Diskussion wurden alle Teilnehmenden aufgefordert, sich an den Aktivitäten gegen Rechts zu beteiligen und das Bündnis Aufstehen gegen Rassismus zu unterstützen.
Die nächsten Tage
Dem Kampf gegen rechts ist auf dem Kongress ein ganzer Themenschwerpunkt gewidmet. Aber auch zu anderen Themen finden in den nächsten Tagen noch viele Workshops und Veranstaltungen statt. Einen Überblick über das Programm gibt es online auf www.marxismuss.de. Tageskarten sind vor Ort erhältlich.
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