Auf dem neuen Album »Afrique Victime« von Mdou Moctar aus Niger klingen die Aufstände in Nordafrika und im Nahen Osten nach. Von Jan Maas
»Afrique victime / de tant des crimes. / Si nous nous tûmes / ils nous déciment«, klagt Mdou Moctar im Titelstück seines sechsten Albums. »Afrika, Opfer so vieler Verbrechen. Wenn wir schweigen, bringen sie uns um.«
Das Stück feiert die Aufstände in Nordafrika und der arabischen Welt von Tunesien bis Bahrain vor zehn Jahren. Neben solchen offen politischen Liedern finden sich auf dem Album auch Lieder über Liebe und Religion sowie Instrumentalstücke.
Mdou Moctar als Erneuerer
Musikalisch lässt sich Mdou Moctar dem Tichoumaren oder Tuareg Blues zuordnen, der Elemente traditioneller Tuareg-Musik mit Blues und Rock verbindet. Moctar gilt als Erneuerer innerhalb dieses Stils, weil er bei früheren Aufnahmen Effekte einsetzte, die eher aus der Popmusik kommen.
Auf »Afrique Victime« ist davon nichts mehr zu hören. Die Platte ist eher bluesrock-typisch instrumentiert mit zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug. Das macht sie aber nicht weniger spannend.
In Gaddafis Armee
Moctar wurde 1986 als Mahamadou Souleymane in einer Tuareg-Familie im Norden Nigers geboren. Als Kind und Jugendlicher hörte er gerne Musik der frühen Tuareg-Blues-Musiker und baute sich selbst eine Gitarre für Linkshänder.
Mit 18 Jahren ging er ohne sein Instrument für drei Jahre nach Libyen, um Geld für seine Familie zu verdienen, unter anderem in Gaddafis Armee. Nachdem er in Libyen ein Konzert besucht hatte, beschloss er, zurückzukehren und Musiker zu werden.
Im Frühjahr 2022 wird die Band in Europa spielen, unter anderem in Köln, Hamburg, Berlin und Leipzig.
CD
Mdou Moctar
Afrique Victime
Matador Records
2021
14 Euro
Schlagwörter: Kultur, Mdou Moctar, Musik, Rezension