Milena Michiko Flašar schildert das Zusammentreffen zweier »Außenseiter« in der Gesellschaft des japanischen Kapitalismus. Ein Hikikomori trifft auf einen heimlichen Arbeitslosen. Thomas Weiß hat den Roman gelesen
In einem Park treffen sich erst zufällig, dann absichtlich täglich ein jüngerer und ein älterer Mann. Von Parkbank zu Parkbank kommen sie sich allmählich näher und erzählen aus ihrem Leben. Der Jüngere ist ein »Hikikomori«. So heißen in Japan jüngere Menschen, die sich weigern, ihr Zimmer im Elternhaus zu verlassen oder dies, wie in diesem Roman, nur sehr selten tun. Der Ältere verschweigt seiner Frau, dass er vor einiger Zeit entlassen worden ist. Täglich tut er so, als ob er zur Arbeit ginge. Tatsächlich geht er in den Park. In den Erzählungen der beiden geht es um Langeweile, gar Trostlosigkeit, um Schuld, Traurigkeit und Versagen, aber auch um Hoffnung.
Die Autorin Milena Michiko Flašar und Japan
Autorin Milena Michiko Flasar ist Tochter einer japanischen Mutter und eines österreichischen Vaters. Hintergrund ihrer Geschichten sind die japanischen kapitalistischen Verhältnisse, sozusagen ein Kapitalismus mit japanischen Charakteristiken. Für hiesige Leser und Leserinnen mag vieles fremd erscheinen und gleichzeitig doch sehr vertraut. Mobbing, der Zwang zur Konformität, soziale Ächtung gibt es in vielleicht etwas anderen Formen auch hierzulande. Der Roman gibt sich nicht politisch. Er stellt aber politische Fragen mit »exotischem« Hintergrund. Ein menschlich anrührender Roman, der auch den politischen Blick weitet.
Das Buch:
Milena Michiko Flašar
Ich nannte ihn Krawatte
Quartbuch. 2012
144 Seiten. Gebunden mit Schutzumschlag
Buch 16,90 € / E-Book 11,99 €
ISBN 978-3-8031-3241-3
Printausgabe vergriffen
Schlagwörter: Arbeitslosigkeit, Buchrezension, Japan, Roman