In der AfD sammeln sich Nationalisten, Rassisten und Faschisten. Höchste Zeit, ihnen die Räume und Plätze streitig zu machen. In Münster wurde zuletzt ein Auftritt der AfD-Bundessprecherin Frauke Petry verhindert. Das Erfolgsrezept: Breiter zivilgesellschaftlicher Gegenprotest und eine LINKE, die nicht daneben steht. Hannes Draeger berichtet aus Münster
Als Frauke Petry am späten Nachmittag des 21. Januar vom Münsteraner Lokalradio angerufen wurde, konnte sie nur noch bestätigen, was sich zuvor schon als Gerücht in den sozialen Netzwerken verbreitete. Die AfD hat den am Abend geplanten Auftritt ihrer Bundessprecherin abgesagt. Petry resignierte: »Der linke Mob hat gesiegt«. Was war geschehen?
AfD Münster will Jugendorganisation aufbauen
Fünf Tage zuvor waren Mitglieder der AfD Münster noch wild entschlossen eine Veranstaltung mit Frauke Petry durchzuführen. Die AfD verband die Veranstaltung mit dem Ziel, in Münster eine lokale Jugendorganisation aufzubauen, weshalb auch der NRW-Landesverband der »Jungen Alternativen« mit einlud. Der Ort wurde geheim gehalten und sollte erst ein Tag zuvor der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.
AfD ist nicht willkommen
Schon kurz nach Bekanntwerden des Besuches formierte sich Widerstand. Aus vergangenen Anti-Nazi-Proteste in Münster existierte bereits das Münsteraner Bündnis »Keinen Meter den Nazis«, in dem Gewerkschaften, Friedensgruppen, Vereine, LINKE, Sozialdemokraten, Grüne und Aktive aus der radikalen Linken zusammenarbeiten. Fast schon legendär waren die gemeinsamen Proteste gegen einen NPD-Besuch von 2013, wovon der damalige NPD-Chef Apfel auf Facebook verlauten ließ, er wäre nun »seit 24 Jahren dabei« und Kummer gewohnt, aber das in Münster erlebte stelle »Vieles in den Schatten«. Schnell wurde ein Aufruf des Bündnisses verfasst. Das Motto: »Rassistischer Hetze entgegentreten – Frauke Petry nicht willkommen«.
Mobilisierung in den sozialen Netzwerken
Der linke Studierendenverband »Die Linke.SDS« übernahm die Mobilisierung in den sozialen Netzwerken. Bei Facebook wurde eine Veranstaltung erstellt und der Aufruf des Bündnisses dokumentiert. So konnten innerhalb kurzer Zeit rund 12.000 Facebook-Nutzerinnen und Nutzer zum Protest eingeladen werden . Das Feedback war motivierend: Mehr als 2000 Menschen hatten Interesse und Hunderte kündigten an, sich den geplanten Gegenprotesten anzuschließen. Der Beitrag wurde auf Facebook geteilt und erreichte so über 300.000 Personen.
Die AfD aushalten und den »amtlichen Behörden« überlassen?
Doch die Aktiven standen vor einem Problem: Noch immer hielt die AfD den Veranstaltungsort geheim. Vorsorglich wurden Kundgebungen angemeldet an Orten, wo die AfD-Veranstaltung vermutet wurde. Zugleich bekam das »Keinen-Meter-Bündnis« Gegenwind von der konservativen (einzigen) Lokalzeitung »Westfälische Nachrichten«. Ein Redakteur stellte die Legitimität der Gegenprotesten in Frage und schlussfolgerte, man müsse »die AfD nicht mögen«, jedoch »aushalten«, wenn sie sich versammelt. Der lokale CDU-Fraktionschef warf dem Bündnis gar vor, der AfD durch »ungeschicktes Taktieren« mehr Aufmerksamkeit verschafft zu haben und empfahl, die Auseinandersetzung mit AfD-Versammlungen den »amtlichen Behörden« zu überlassen. In einigen Leserbriefe und in den sozialen Netzwerken wurde von rechter Seite ein Horrorszenario an die Wand gemalt; von »linken Gewalttätern« und »geplanter Krawalle« war die Rede.
Kein Rederecht für die AfD
Die Aktiven im Bündnis ließen sich von diesen Anschuldigungen nicht verunsichern: Der Sprecher des Bündnisses stellte gegenüber der Presse klar, dass für Rassismus in Münster kein Platz sei. Auch DIE LINKE veröffentlichte auf ihrer Webseite dazu ein Papier unter der Überschrift »Wehret den Anfängen«. Der lokale Münsteraner Bundestagsabgeordnete der LINKEN, Hubertus Zdebel, griff die Debatte auf und machte gegenüber der Presse deutlich, dass die AFD inzwischen ein »Sammelbecken für Neonazis und rechte Schläger« sei.
AfD ist nicht einfach eine »normale« rechtskonservative Partei
Das wichtigste Argument in der Debatte: Die AfD ist nicht einfach eine »normale« rechtskonservative Partei. Vielmehr entwickelt sie sich – nicht erst seit den Austritten von Lucke und Tausende seiner »wirtschaftsliberalen« Wegbegleiter zu einer faschistischen Partei – zu einer neuen NPD. Aus der Geschichte zu lernen heißt: Wehret den Anfängen! Die damaligen Nazis haben sich über die »Demokraten« lustig gemacht, welche den Nazis aus falsch verstandener Toleranz die Räume und Plätze überließen. Doch können die Nazis ungestört marschieren oder Veranstaltungen durchführen, verbreiten sie Angst und Schrecken, bekommen Selbstbewusstsein und können neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewinnen – ihre Gegner und Opfer dagegen werden demoralisiert. Deswegen ist eines wichtig: Keine demokratischen Rechte für Nazis, kein Rederecht und auch kein Versammlungsrecht.
Ein Teilerfolg
Zwei Tage vor der geplanten AfD-Veranstaltung sickerte durch, dass die AfD ihre Veranstaltung im Schlossgartencafè durchführen will – einer Lokalität mitten in der Stadt und nahe am Uni-Hauptgebäude. Die Betreiber des Cafès bekamen angesichts der geplanten Gegenproteste »kalte Füße« und kündigten der AfD die Räumlichkeiten. Der Öffentlichkeit begründete sie dies damit, dass die Sicherheit der Gäste nicht mehr gewährleistet sei. In Wirklichkeit machten sich die Betreiber Sorgen um ihr Image und ihre Profite. Die AfD stand nun zwei Tage vor dem Besuch ihrer Bundessprecherin ohne Räumlichkeiten dar. Ein Teilerfolg für die Aktivistinnen und Aktivisten und eine böse Überraschung für die AfD. »Damit habe ich nicht gerechnet« sagte der lokale AfD-Chef gegenüber der Presse. Doch die AfD versuchte weiter einen Ausweichort zu finden. Würde es ihnen gelingen?
Bundnis mobilisiert weiter gegen die AfD
Die LINKE und das Bündnis wollten darauf nicht warten, sondern hielten an der Vorbereitung der Gegenproteste fest: Schilder wurden gebastelt, Transparente gemalt und weitere logistische Vorbereitungen für eine mögliche Kundgebung getroffen. Der lokale SDS informierte weiterhin über die sozialen Netzwerke über den Stand der Dinge. Einen Tag vor dem geplanten Petry-Besuch, verkündete die AfD, einen Ausweichort gefunden zu haben. Das Gutshaus Havichhorst war eingesprungen – ein Tagungszentrum am Rande der Stadt. Eine Lokalität im »fürstlichen Flair« (Eigenbeschreibung) für die oberen 10 Prozent aus Münster und Umgebung. Doch auch diese Zusage hielt nicht lange: Nachdem es in den sozialen Netzwerken Proteste hagelte – die Betreiber nahmen ihre Facebook-Seite zwischenzeitlich vom Netz – zog das Gutshaus seine Zusage zwei Stunden vor dem geplanten Beginn der AfD-Veranstaltung zurück. Das »Keinen-Meter-Bündnis« hatte gewonnen, die AFD war frustriert.
Das Erfolgsrezept der Gegenproteste
Trotz schwieriger Anreise, Minusgraden und der Absage von Petry versammelten sich dennoch 400 AfD-Gegnerinnen und Gegner auf einem Acker in der Nähe des Gutshauses und setzten ein Zeichen gegen Rassismus. Der AfD musste spätestens jetzt klar werden, dass sich der Protest gegen die AfD nicht nur im Netz abspielte. Petrys Kennzeichnung der Gegenbewegung als »linker Mob« wirkte nun umso lächerlicher: Auf der Gegenkundgebung herrschte Familienfeststimmung: Viele Rednerinnen und Redner warnten vor dem Rassismus der AfD, ein Flüchtling bedankte sich bei den Protestierenden für ihre Solidarität. Für den Erfolg der Gegenproteste war es entscheidend, dass die Proteste nicht allein von den »üblichen Verdächtigen« organisiert worden sind. Wie in Münster lauern auch in anderen Orten Konservative und Rechte auf ihre Chance, antifaschistische Proteste zu kriminalisieren und sie zu spalten. Dieser Versuch von Teilen der konservativen Medien gelang in Münster gerade deshalb nicht, weil das lokale Anti-Nazi-Bündnis viele Gruppen vereint und zugleich inhaltliche Klarheit darüber herrscht, dass man Nazis und Rassisten am »Ort des Geschehens« mit Protesten konfrontieren muss.
Der AfD die Räume und Plätze streitig machen
Zugleich zeigt die Erfahrung aber auch: DIE LINKE kann eine bedeutende Rolle im Kampf gegen die AfD spielen. Sie hat eine lange Erfahrung in antifaschistischer Arbeit und gute Argumente, warum es legitim ist, der AfD die Räume und Plätze streitig zu machen. Hierbei kommen den lokalen Gliederungen der Partei eine besondere Bedeutung zu: Der Kampf gegen die AfD wird auf der Straße- und nicht an Koalitionstischen entschieden. Die AfD lebt von ihrer Maskierung als konservative Partei. Eine breite zivilgesellschaftliche Gegenbewegung hätte das Potential, die AfD zu demaskieren und die gesellschaftliche Stimmung zu wenden. DIE LINKE kann hier lokal und bundesweit einen wichtigen Beitrag leisten.
Über den Autor: Hannes Draeger ist aktiv in der LINKEN in Münster und im Bündnis »Keinen Meter den Nazis«
Foto: Metropolico.org
Schlagwörter: AfD, DIE LINKE, Frauke Petry, Inland, Münster, Nazis, Protest, Rassismus