Angeführt von Nazis demonstrieren Zehntausende gegen die Corona-Politik in Österreich. Doch die Zusammensetzung der Demo überrascht und das weist auf ein Problem der Linken hin, meint Manfred Ecker
Am 20. November erlebte die extreme Rechte von der FPÖ bis hin zu Nazi-Hooligans in Wien ihren erfolgreichsten Moment der letzten Jahrzehnte. Etwa 50.000 Menschen dürften den Aufrufen der FPÖ, der Identitären und der Schwurbler gefolgt sein.
Die österreichische Regierung hat gezeigt, wie man die Rechten stark macht – mit einer Mischung aus fürchterlich inkompetenter Gesundheitspolitik, Sündenbockpolitik gegen die Ungeimpften und einer gezielten Förderung der extremen Rechten über Jahrzehnte.
Österreich: Überraschende Bilder
Die Rechten haben ziemlich unbehelligt die Riesendemonstration anführen können und sie haben ein erschreckendes Bild abgegeben: Harte und ideologisch völlig gefestigte Nazis, darunter die gesamte Szeneprominenz.
Doch dann überraschende Bilder: Kopftuchtragende Frauen knapp hinter dem FPÖ-Block. Schwarze Jugendliche, die auf solche Protesten noch nie Rassismus erlebt haben wollen. Bosnische Jugendliche gemeinsam mit Fußballhooligans und viele tausende andere Menschen, die offensichtlich nichts mit Rechtsradikalen und Faschisten am Hut haben.
Die Slogans der Demoschilder und Transparente in diesem Teil der Demonstration richteten sich fast ausschließlich gegen die Regierung und für Freiheit. Aber darauf angesprochen sah niemand dort ein Problem darin, mit Nazis zu marschieren.
Das Problem der Linken
Und spätestens hier wird das große Problem der Linken sichtbar: Unter den Letztgenannten sind viele, die für unsere Politik gewonnen werden könnten. Sie verstehen zwar nicht was Faschismus ausmacht, und sicher nicht, wie eng Kapitalismus und Faschismus miteinander verwoben sind, aber sie sehen sich als »Systemgegner«.
Wenn sich Linke als Verteidiger:innen von schlechten Regierungsmaßnahmen gerieren und Gegner:innen davon allesamt als dumm verbrämen, dann wollen sie diese »Systemgegner« ja gar nicht für eine sozialistische Perspektive gewinnen. Sie wollen sich einfach auf die Seite der Klugen gegen die Dummen stellen. Das ist ja auch ziemlich befriedigend.
Stattdessen werden alle Maßnahmengegner:innen dann für den kleinbürgerlichen Antikapitalismus der extremen Rechten gewonnen, der in den antisemitischen Verschwörungstheorien der Nazis sein Vorbild hat.
Nach der Zurschaustellung der Bedrohung von rechts am Wochenende in Wien müssen wir uns Gedanken machen, wie wir als Linke richtig auf diese Entwicklungen reagieren. Sich irgendwie hinter die Regierungen, »das System« oder die Pharmaindustrie zu stellen, ist genau das falsche, wenngleich es angesichts der haarsträubenden Verschwörungstheorien, die man präsentiert bekommt, auch verlockend sein mag.
Foto: Ivan Radic, flickr.com
Schlagwörter: Corona, FPÖ, Österreich