In Wien sind am Samstag 70.000 Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die neue Regierung in Österreich zu protestieren.
Gewerkschafterinnen, Studierende, Muslime und Flüchtlinge demonstrierten gemeinsam gegen Rassismus und Sozialabbau, gegen Rechtsextremismus und Islamfeindlichkeit. Organisiert wurde die Demonstration von der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, der Offensive gegen Rechts, der Plattform Radikale Linke und Teilen der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp). Zur Demonstration riefen an die 200 Organisationen auf, darunter die beiden Wiener Regierungsparteien, SPÖ und Grüne, Sozialdemokraten und Gewerkschafterinnen gegen Notstandspolitik, die Österreichische Hochschüler_innenschaft (ÖH), zahlreiche muslimische Verbände, Flüchtlingsinitiativen und Kulturschaffende.
Österreich: »Lasst Nazis nicht regieren«
Die zahllosen Spruchbänder und selbstgemalten Protestschildern verdeutlichen die Anliegen der Menschen: »Nein zu schwarz-blau«, »Lasst Nazis nicht regieren«, »Hände weg vom Sozialstaat«, »Nein zu Hartz IV«- eine Anspielung auf die geplante Abschaffung der bisherigen Leistungen für Langzeitarbeitslose. Ein weiterer Slogan lautet: »Studiengebühren zerstören Träume und Talente.« Gegenüber der Tagesschau erklärte Johanna Zechmeister, Vorsitzende der österreichischen Hochschülerinnenschaft: »Wir sehen, dass die Regierung immer mehr Verschlechterungen für die Studierenden plant. Einerseits Studiengebühren, mehr Zugangsbeschränkungen. Die Regierung redet über uns, aber nicht mit uns. Deswegen fordern wir sie zu Gesprächen auf, um sich für die Verbesserungen für die Studierenden einzusetzen.«
Video: Stimmen von der Großdemo
Österreich: Konflikte in der Regierung
Noch nicht einmal vier Wochen im Amt, werden erste Konflikte in der Regierung unter Kurz und Strache sichtbar. Vor allem die FPÖ steht gewaltig unter Druck, seit bekannt wurde, dass die Notstandshilfe abgeschafft und auf Vermögen der Armen zugegriffen werden soll. Die Aussage von Innenminister Herbert Kickl, er wolle Flüchtlinge in Lagern »konzentrieren«, sorgte unter den Demonstrierenden für Empörung. Der Innenminister hatte bei der Vorstellung der Asylstatistik die Kritik an den geplanten »Grundversorgungslagern für Asylbewerber« mit den Worten zurückgewiesen: »Es ist nur ein Begriff für eine entsprechende Infrastruktur, wo es uns gelingt, diejenigen, die in ein Asylverfahren eintreten, auch entsprechend konzentriert an einem Ort zu halten.« Ein Teilnehmer sagte im Interview mit dem ORF: »Wenn das nicht Nazi-Rhetorik ist, dann weiß ich es auch nicht.«
Vereint gegen gegen Schwarz-Blau in Österreich
Auch die Zeithistorikerin Sarah Knoll ist deswegen zur Demo gekommen. Gegenüber der Tagesschau sagte sie: »Also, wenn man Wortspiele macht, die an den nationalsozialistischen Jargon heranreichen und von einem »Konzentrieren« von Menschen spricht, sind das Zustände, die in Österreich nicht herrschen sollen. Dazu muss man seine Bürgerrechte wahren und auf die Straße gehen. Das kann man so einfach nicht stehenlassen.«
Prominente Unterstützung erhielten die Demonstrierenden von Daniela Kickl, der Cousine von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). »Wir – das sind jene, die aufstehen und marschieren gegen Ausgrenzung, Aufhussen und Auseinanderdividieren.«
Video: Die Demo im Zeitraffer
Die Menschen strömten aus ganz Österreich und aus den verschiedensten Gründen zum Protest. Eines aber vereinte sie – der Widerstand gegen die Regierung von FPÖ und ÖVP. Buchautor Hans-Henning Scharsach Grußbotschaft bringt es auf den Punktz: »Wir dürfen nicht hinnehmen, dass deutschnationale Burschenschafter, die am Arier-Paragraf der Nazis bis heute festhalten, die verfassungsfeindlich agieren und sich nie aus den Traditionen des Nationalsozialismus befreit haben, höchste Ämter in diesem Staat übernehmen. Bündeln wir unsere Kräfte! Stehen wir zusammen: Für die Verteidigung demokratischer Grundrechte, für Menschenrechte, für Solidarität!«.
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Foto: Karin Ortner / Twitter
Schlagwörter: FPÖ, Kurz, Österreich, ÖVP, Wien