Die Proteste gegen den Leipziger Pegida-Ableger werden maßgeblich von einem Bündnis an der Uni mobilisiert. Wie das gelungen ist, erzählt Robin Goldmann im marx21-Gespräch.
Marx21: Am 12. Januar sind 30.000 Menschen gegen den ersten Leipziger Pegida-Aufmarsch („Legida“) auf die Straße gegangen. Wie kam es dazu?
Robin Goldmann: Einerseits, weil auch der Bürgermeister und andere Politiker dazu aufgerufen haben. Ein wesentlicher Beitrag war aber auch die Vorbereitung und Mobilisierung der Demonstration an der Universität.
Was ist dort passiert?
Als der Legida-Aufmarsch veröffentlicht wurde, haben auf Initiative der Gruppe Prisma einige Fachschaften und die Linke.SDS ein Mobilisierungsbündnis gegründet. Dadurch konnten wir schon vor der Demonstration eine Veranstaltung und ein Blockade-Training organisieren.
Was für eine Veranstaltung war das?
Eine Informationsveranstaltung über Legida in der Universität einige Tage vor der Demonstration. Es wurde hauptsächlich über rassistische Aktivitäten in Sachsen informiert, die mit Pegida nun einen Bewegungscharakter bekommen haben und eine politische Einordnung von Pegida vorgestellt. Es kamen 700 Leute, obwohl wir nur über Facebook und mit Flugblättern und einigen Plakaten mobilisiert haben. Das hat gezeigt, dass viele Leute Interesse haben, etwas gegen Legida zu tun. Es gab aber vorher einfach kein Angebot.
Wie viel Leute konntet ihr dann gegen Legida mobilisieren?
Genau weiß das niemand, weil es so viele waren. Wir hatten einen eigenen Demonstrationszug von der Uni zur Abschlusskundgebung angemeldet und vom Campus sind über 5000 Studierende gestartet. Das war wirklich großartig.
Und was für ein Blockade-Training habt ihr gemacht?
Das war in der Uni und auch dorthin kamen 200 Leute. Wir haben zum Beispiel geübt, wie man auf einer Demonstration friedlich eine Polizeikette überwinden kann oder wie man eine Sitzblockade macht.
War das nützlich?
Sehr sogar. Bei der Demonstration wurde mit dieser Methode eine Polizeikette überwunden und die Demo-Route von Legida blockiert. Leider hat die Polizei die Legida-Demo auf einem anderen Weg um uns herum geleitet. Aber es war eine wichtige Erfahrung für alle, die mitgemacht haben.
Gehörte das zu den Zielen eures Bündnisses?
Ja. Unser Bündnis heißt „Legida läuft nicht“ und wir haben von Anfang an erklärt, dass wir Legida blockieren wollen. Es reicht nicht, die Rede des Bürgermeisters zu hören, während woanders die Rechten marschieren.
Geht das nicht manchen zu weit?
Bei unserer Veranstaltung fanden das die allermeisten Leute sehr gut. Wenn jemand Zweifel hatte, haben wir gesagt, dass es unsinnig ist, den Rechtsradikalen ihre Hass-Parolen zuzugestehen, wenn sie doch die Meinungsfreiheit abschaffen wollen. Es ist auch strategisch wichtig, Legida zu stoppen, bevor sie dasselbe Erfolgserlebnis haben wie in Dresden und die Demos größer werden.
Ist Legida wirklich so gefährlich?
Leider ja. Ihre erste Demo hatte 4800 Teilnehmer und die zweite etwa genau so viele, wenn auch weit weniger als von die von der Polizei behaupteten 15.000. Das sind nicht so viele wie in Dresden, aber die Parolen der Führung von Legida sind deutlich rechtsradikaler.
Was bedeutet das?
Sie kommen aus dem Hooligan-Bereich, haben aber auch sehr gute Kontakte zur Nazi-Szene. Im Legida-Positionspapier fordern sie die „Unterbindung jedes Einflusses des Islams auf unsere Kultur“. Wenn man das weiterdenkt, kann es nur heißen, dass alle Muslime aus Deutschland verschwinden sollen.
Ist das auch die Meinung der Legida-Demonstranten?
Die meisten denken sicher nicht so radikal. Aber gerade darum versuchen Nazis bei diesen Demonstrationen die Meinungsführung zu übernehmen, um ins bürgerliche Lager auszugreifen, was ihnen bisher nie gelungen war. Auch deshalb müssen wir Legida die Straße wegnehmen.
Warum sind Pegida und jetzt auch Legida gerade in Sachsen so stark?
Die Sachsen waren nach der Wende 1989 mit am Schlimmsten von der Zerstörung der ostdeutschen Wirtschaft betroffen. Heute arbeiten hier viele für Niedriglöhne oder bekommen Hartz IV statt Rente. An dieses Potenzial konnten die Rechten schon immer gut anknüpfen. Darüber hinaus wird Sachsen seit über 25 Jahren von einer konservativen CDU regiert. Für die sächsische Justiz steht der Feind ganz klar links statt rechts.
Welche Rolle spielt der Staat?
Verbindungen zwischen Polizei, Justiz und Nazi-Szene sind leider nicht auf Thüringen und leider nicht auf den NSU beschränkt. Die rechtsradikale Szene ist hier auch deshalb recht groß, weil sie von der Polizei nicht viel zu befürchten hat. Die Prozesse gegen Bodo Ramelow und Tim H. zeigen, dass der Staat Antifaschisten bekämpft statt Faschisten.
Macht „Legida“ weiter?
Ja. Die nächste Legida-Demonstration ist am 28. Januar, ebenso wie die Proteste dagegen. Es wird wieder versucht, die Route der Rechten zu blockieren.
Das heißt, „Legida läuft nicht“ funktioniert noch?
Allerdings. Wir haben am 14. Januar ein weiteres Treffen gemacht. Ursprünglich zur Nachbereitung der Demo, aber es kamen 300 Leute. Jetzt haben wir Arbeitsgruppen gegründet, um weitere Veranstaltungen zu planen, inhaltliche Positionen zu entwickeln und für die nächsten Demonstrationen zu mobilisieren.
Habt ihr eine Perspektive über den Kampf gegen „Legida“ hinaus?
Im Moment geht es natürlich darum, die Rechten zu stoppen. Aber ich glaube, dass wir einen Teil der Leute auch dauerhaft für politische Aktivität an der Uni gewinnen können. Die Leipziger Uni war bisher politisch ziemlich tot und jetzt zeigt sich, wie viele Studierende das eigentlich schlecht finden.
Wer sich zum Protest gegen Legida weiter informieren oder beim Bündnis „Legida läuft nicht“ mitmachen möchte, bekommt Infos unter: https://www.facebook.com/legida.laeuft.nicht.
Robin Goldmann studiert Biochemie an der Universität Leipzig und ist aktiv im Bündnis „Legida läuft nicht“ und bei Linke.SDS Leipzig. Er ist zudem Unterstützer von marx21.
(Die Fragen stellte Hans Krause.)
Foto: strassenstriche.net
Schlagwörter: Flüchtlinge, Inland, Islam, Legida, Muslime, Pegida, Rassismus, Sachsen