Der diesjährige rechte Aufmarsch zum Unabhängigkeitstag in Polen fiel kleiner aus – eine Folge der Massendemonstrationen gegen die Verschärfung der Abtreibungsgesetze, berichtet Andy Zebrowski
Der regelmäßig am 11. November von Faschisten angeführte Marsch mobilisierte in den vergangen Jahren Zehntausende. Diesmal waren es nur Tausende – der kleinste Marsch seit zehn Jahren.
Den Organisatoren war schon im Vorfeld klar, dass sie mit einer geringeren Beteiligung rechnen mussten. Also propagierten sie als Alternative einen Auto-, Motorrad und Fahrradkorso. Sie sagten, das liege an Corona. Eine Lüge, denn hinter den Kulissen spornten sie ihre Anhängerschaft an, mit der Bahn nach Warschau zu fahren und dort zu Fuß zu marschieren.
Warum fiel der diesjährige Marsch so viel kleiner aus?
Proteste für Recht auf Abtreibung
Die landesweiten Massenfrauenproteste der letzten drei Wochen haben die Unterstützung für die Rechten schwinden lassen. Eine Umfrage im September ergab 8,2 Prozent Zustimmung für die »Konföderation« – eine Koalition von Faschisten und extremen Neoliberalen. Anfang November war sie auf 4,4 Prozent zusammengeschmolzen.
Seit dem 22. Oktober wurden die Straßen überall in Polen, auch in den kleinsten Städten, von Protestierenden für Abtreibungsrechte in Beschlag genommen. Sie zählten Hunderttausende.
Diese Demonstrationen waren die Antwort auf eine empörende Entscheidung des manipulierten Verfassungsgerichts. Sie verbietet Abtreibungen sogar im Fall schwerwiegender Schäden am Fötus.
Frauenproteste und Antifaschismus
Seitdem hat die Empörung nicht nachgelassen. Die Demonstrationen finden nach wie vor statt und ziehen tausende Menschen an.
Die Verbindung zwischen den Frauenprotesten und dem Antifaschismus wird immer klarer. Die extreme Rechte fordert, dass das Abtreibungsgesetz so streng wie nur möglich ausfällt. Auf Demonstrationen dagegen sind antifaschistische Slogans sehr populär.
Die Faschisten der neu gegründeten »Nationalgarde« und andere haben die Frauenproteste angegriffen. Ihr faschistischer Kampfanzug wurde von Robert Barkiewicz kreiert, der zugleich Hauptorganisator und Sprecher des Unabhängigkeitsmarsches ist.
Die Regierung spornt seit nunmehr fünf Jahren die Faschisten an. Das wird sie weiterhin tun, aber dieses Jahr hat ihre Strategie kläglich versagt.
Gefahr und Gegenwehr in Polen
Wir müssen zwei Sachen festhalten.
Erstens stellt die Gewaltbereitschaft der Faschisten eine reale Gefahr dar. Wir müssen uns ihnen sooft wir können entgegenstellen. Zweitens müssen wir wahrnehmen, dass sie durch Massenproteste geschwächt werden können, die sich manchmal zu anderen Anlässen entzünden.
Der enorme Rückgang in ihren Zahlen am 11. November wird viele weitere Menschen davon überzeugen, dass sie geschlagen werden können. Unsere kleine Organisation hat auf den Frauenprotesten tausende Flugblätter verteilt und hunderte Zeitungen verkauft. Menschen haben die Titelseite als Demoplakat verwendet. Darauf steht: »Wir wollen die Wahl, keinen Terror – Abtreibung auf Nachfrage«.
Zuerst erschienen auf www.socialistworker.co.uk
Aus dem Englischen von David Paenson
Schlagwörter: Abtreibung, Antifaschismus, Polen