Diesmal nicht auf unserem Rücken! Angesichts der historischen Krise des Kapitalismus müssen Gewerkschaften und Linke die Systemfrage wiederentdecken, meint Frederik Blauwhof
Dieser Text ist ein Vorabdruck aus dem neuen marx21 Magazin mit dem Titel: »Krise ohne Ende?« (Das Heft erscheint am 10. Juli 2020). Aktion bis 7.7. : Abonniere jetzt das Magazin und bekomme die neue Ausgabe kostenfrei nach Hause geschickt.
Seit März hagelt es Soforthilfen, Hilfskredite, Garantien und Steuererleichterungen seitens der Bundesregierung – zumindest für Unternehmen.
Klassencharakter der Rettungspolitik
Große Konzerne können damit rechnen, dass der Staat sich auf Deals einlässt, die sich ein privater Investor niemals antun würde. An der Rettung der Lufthansa mit über neun Milliarden Euro – doppelt so viel, wie der Konzern an der Börse wert ist – wird der Klassencharakter der Krisenpolitik in diesem Land besonders deutlich. Anstatt die Fluglinie zu verstaatlichen, gibt sich die Groko mit sogenannten »stillen Einlagen« und staatlich garantierten Krediten zufrieden. Sie macht alles, damit die Manager und Aktionärinnen weiterhin das Sagen im Konzern haben, weil diese bisher ja so vorausschauend und im gesellschaftlichen Interesse gehandelt haben.
Wenn es um Hilfe für die Mehrheit der Bevölkerung geht, bleibt es jedoch bei der alten Knausrigkeit. Das zu niedrige Kurzarbeitergeld wird bisher aus Sozialversicherungsbeiträgen der Beschäftigten gezahlt, die »Nachbesserung« war ein schlechter Witz. Die Beschäftigten werden also aus eigener Tasche »gerettet«. Auch die Erhöhung von Hartz-IV und Grundsicherung um 100 Euro im Monat ist im Kuhhandel um das Konjunkturprogramm von Anfang Juni leider einen stillen Tod gestorben.
Offensive für Sozialismus
Die Gewerkschaften und auch DIE LINKE haben diese pro-kapitalistische Rettungspolitik bisher nicht deutlich genug kritisiert und klar gefordert, dass die Reichen für die Krise ihres Systems zahlen. Stattdessen kritisiert Jörg Hoffmann von der IG Metall, dass die SPD die Autoprämie verhindert hat. Dietmar Bartsch bemängelt das Konjunkturprogramm als nicht »genau« genug und »unfassbar teuer«. Das wird weder dem Ausmaß der Krise gerecht noch der Tatsache, dass wir einen weltweiten Aufschwung sozialer Bewegungen erleben. Wir Linken sollten betonen, dass der Kapitalismus sich nur auf dem Rücken der Beschäftigten und der Allgemeinheit stabilisieren wird. Wollen wir nicht nochmal die Zeche für die Krise zahlen, müssen wir das System bei den Wurzeln packen und den Begriff des Sozialismus in dieser historischen Krise wieder mit radikal-demokratischem Inhalt füllen.
Foto: tearbringer
Schlagwörter: Coronakrise, Inland, Wirtschaftskrise