Der Werdegang der linken Allende-Regierung in Chile in Form einer Graphic Novel – der chilenische Weg des Sozialismus in monochromatischen Zeichnungen. Von Jan Maas
Die tausend Tage Regierungszeit des »chilenischen Wegs zum Sozialismus« zeigt die Graphic Novel »Die Jahre von Allende« von Carlos Reyes und Rodrigo Elgueta. Hauptfigur John Nitsch wird vor dem Wahlerfolg der »Unidad Popular« unter Führung von Salvador Allende 1970 als Reporter nach Santiago geschickt und erstattet bis zum Putsch 1973 Bericht. Die Figur des Reporters erlaubt es, die widerstreitenden Kräfte in Chile glaubwürdig in einer Handlung zu verbinden. So trifft Nitsch den US-Botschafter ebenso wie Aktive der revolutionären Partei MIR, die Allende kritisch unterstützt. Der »Mann auf der Straße« wird repräsentiert durch die Figur von Johns Fahrer Marcelo.
Klassenkontraste in Grauschattierungen
Der Nachteil dieser Erzählperspektive besteht darin, dass die Figuren wenig Tiefe bekommen. Das liegt zum Teil in der Natur der Sache – alle wichtigen Parteien, Personen, Kämpfe und Seitenwechsel auf 144 Seiten unterzubringen, ist ohnehin eine große Herausforderung. Aber es liegt auch an dem gewählten Blickwinkel, dass etwa die MIR-Leute etwas blutarm wirken. Dennoch ist es den Autoren gelungen, die Hoffnungen der Armen, die Ängste der Reichen und Allendes Illusionen in die Möglichkeit eines parlamentarischen Wegs zum Sozialismus lebendig und nachvollziehbar zu machen. Das liegt auch an dem abwechslungsreichen monochromen Zeichenstil des Szenaristen Reyes und des Zeichners Elgueta. Ihre Darstellungsform ist vom Film beeinflusst: Die Einstellungen wechseln, und sie arbeiten mit Rückblenden. Oft lösen sie die Panels auf bis hin zu ganzseitigen Zeichnungen. Am Ende des Buchs erklärt ein Glossar die Anspielungen. Für Fans von Graphic Novels und alle, die etwas über das Scheitern der »Unidad Popular« erfahren möchten, ein empfehlenswertes Buch.
Das Buch:
Carlos Reyes/Rodrigo Elgueta
Die Jahre von Allende
Bahoe Books
Wien 2020
144 Seiten
24 Euro
Schlagwörter: Bücher, Buchrezension, Chile, Rezension