Die Künstlerin Kate Evans hat eine mehrfach preisgekrönte Graphic Novel über Rosa Luxemburg gezeichnet. Wir haben sie uns angeschaut. Von Lisa Hofmann
Kann man Leben und Werk von Rosa Luxemburg in einer 228 Seiten langen Graphic Novel darstellen? Es ist auf jeden Fall ein sehr ambitioniertes Projekt, das sich die Künstlerin Kate Evans vorgenommen und mit Bravour gemeistert hat. Ihre Graphic Novel »Rosa« zeichnet sowohl Luxemburgs persönlichen Weg von ihrer Jugend zur revolutionären Sozialistin bis zu ihrer Ermordung, als auch die Entwicklung ihres Denkens und damit des Entstehens ihrer Werke nach. Dazu werden schlaglichtartig Schlüsselszenen aus Rosas Leben gezeigt.
Wir erleben, wie sie ihren Brüdern beim gemeinsamen Mittagessen mittels Besteck, Taschenuhr Salz- und Pfefferstreuer die marxsche Werttheorie erläutert oder wie sie im Auftrag der SPD vor polnischen Bergarbeitern spricht und diese für den revolutionären Kampf gewinnt.
Der Mensch Rosa
Eine der Stärken der Graphic Novel besteht darin, dass die Autorin versucht, auch den Menschen Rosa und nicht nur die Revolutionärin oder brillante Theoretikerin zu zeigen. So wird bildreich veranschaulicht, wie schwer es für die junge Frau war, in Berlin eine Bleibe zu finden. Zu jener Zeit war es ungewöhnlich, dass Frauen allein lebten. Noch ungewöhnlicher war es, dass diese einen Doktortitel in Ökonomie hatten. So erfahren wir, wie sich Rosa um ein Zimmer bewirbt und, nachdem sie gegangen ist, die Hausverwalterin und ihre Freundin sich über sie das Maul zerreißen und beim besten Willen nicht glauben wollen, dass diese kleine Frau aus Polen einen Doktortitel hat.
An anderer Stelle kommt Rosa gerade von einem Kongress der Zweiten Internationale in Paris zurück und trägt die neuste Errungenschaft der Pariser Modewelt, einen BH. Diesen führt sie dann stolz ihrem Ehemann vor und beide wissen nicht so recht was sie nun von diesem Kleidungsstück halten sollen.
Erkenntnisse beim Sex
An einigen Stellen wirken die Alltagsdarstellungen der Graphic Novel jedoch eher befremdlich. Bespielweiße sehen wir Rosa beim Sex mit Leo Jogiches und währenddessen entwickeln sich in ihren Sprechblasen die grundlegenden Überlegungen zu »Massenstreik, Partei und Gewerkschaften«. Auf dem Höhepunkt des Akts erkennt Rosa den Zusammenhang von Massenstreik und Revolution. Die Szene endet damit, dass beide erschöpft nebeneinander im Bett liegen; über ihnen steht: »Dies ist die Vollendung ihres Lebenswerks«. In einer kitschigen Liebesgeschichte wäre an dieser Stelle wahrscheinlich ein Kind gezeugt worden.
Wirklich gelungen ist der Autorin die graphische Umsetzung von komplexen und teilwiese auch trockenen Zusammenhänge der Weltgeschichte und Rosas theoretische Überlegungen.
Panorama ihrer Zeit
In Polen im Untergrund besucht sie Genossen, diese schildern die Lage, die aus unzähligen einzeln Aufständen und Arbeitskämpfen besteht. Daraus wird im Comic eine Patchwork-Decke, in der jedes Ereignis seine Parzelle hat. Auf der nächsten Seite sehen wir Rosa diese Decke halten und darauf sind die Thesen ihrer Revolutionstheorie zu lesen.
Insgesamt bietet die Graphic Novel einen zugänglichen Einstieg in das Leben und Werk von Rosa Luxemburg, sowie ein anschauliches Panorama ihrer Zeit. »Rosa« hat dazu einen umfangreichen Anhang, in dem für jede Szene die verwendeten Orginaltextstellen komplett abgedruckt sind, so dass man sich gut weiter informieren kann.
Das Buch:
Kate Evans
Rosa. Die Graphic Novel über Rosa Luxemburg
Berlin 2019
Dietz Berlin
228 Seiten
20 Euro
Schlagwörter: Bücher, Comic, Graphic Novel, Kultur, Rosa Luxemburg