Die Menschenrechtsanwältin Mahienour el-Massry und zwei weitere Mitstreiter wurden in Ägypten zu jeweils 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Aktivistinnen und Aktivisten rufen nun zu internationalen Protesten auf. Von Judith Orr
Mahienour el-Massry, Youssef Shaaban und Loay el-Kahwagy wurden Anfang Juni 2015 zu jeweils 15 Monaten Gefängnis verurteilt, nachdem sie gegen das ursprünglich verhängte Strafmaß von zwei Jahren Berufung eingelegt hatten. Mahienour el-Massry ist Rechtsänwältin und Trägerin des Ludovic Trarieux-Preises für ihr Engagement und die Verteidigung der Menschenrechte. Mahienour el-Massry, Youssef Shaaban und Loay el-Kahwagy sind alle Mitglieder der Revolutionären Sozialisten in Ägypten (RS).
Der Fall Mahienour el-Massry
Der Fall dreht sich um einen Protest gegen die Behandlung eines Rechtsanwalts auf einer Polizeiwache in Alexandria im März 2013. Die Polizei behauptet, Mahienour el-Massry und andere Rechtsanwälte und Unterstützer hätten die Polizeiwache von Raml gestürmt und die Polizei angegriffen. Gigi Ibrahim, ebenfalls Mitglied der RS, war zusammen mit etwa 100 anderen Aktivistinnen und Aktivisten bei der Gerichtsverhandlung. Sie berichtet: »Die Rechtsanwälte schöpfen so gut sie können die legalen Möglichkeiten aus. So legten sie Einsprüche ein. Youssef Shaaban und Loay el-Kahwagy durften beispielsweise nicht einmal ihrer eigenen Urteilsverkündung beiwohnen. Das kann man anfechten. Aber der Fall hat nichts mit Beweisführung oder legalem Prozedere zu tun. Es ist ein politischer Fall.«
Protest gegen die Verhaftung von Mahienour el-Massry
Gigi Ibrahim erklärte außerdem, dass der Richter die Anwesenheit von Familienangehörigen und Unterstützern bei der Verhandlung verweigerte. Beamte versuchten sogar, jeden Kontakt zwischen den Verurteilten und ihrer Familie zu unterbinden. Das Gerichtsgebäude war voller Polizei und Militäroffizieren. Aber ihre Unterstützer ließen sich nicht einschüchtern. »Wir pinnten Bilder von Mahienour el-Massry und anderen Häftlingen an die Wände und trugen T-Shirts mit ihren Konterfeis«, sagte Gigi Ibrahim.
Mahienour el-Massry Rechtsanwälte berichteten, dass sie sehr selbstbewusst auftrat. Sie meinte: »Lasst sie mich einsperren, am Ende werden wir siegen.« Nachdem der Richter sein Urteil verkündet hatte und noch während sie zurück in die Zelle gebracht wurde, rief sie, »Mubarak hat Revolutionäre eingesperrt und wurde rausgeschmissen. Mursi hat Revolutionäre eingesperrt und wurde rausgeschmissen. Nieder mit der Militärherrschaft!«
»Solidarität ist die einzige Waffe«
Mahienour el-Massry ist eine profilierte Aktivistin in Ägypten und auch international bekannt. Sie hat den Widerstand gegen jedes repressive Regime von Mubarak bis zum heutigen Tag angeführt. Sie hat schon in einem anderen Fall wegen Missachtung des Gesetzes, das jeglichen Protest verbietet, vier Monate im Gefängnis abgesessen. Sie ist für die Freilassung vieler Frauen eingetreten, denen sie im Gefängnis begegnet ist und die nur deswegen sitzen, weil sie einfach zu arm sind, um ihre Schulden zu begleichen, und hat Geld für sie gesammelt. Frauen, denen sie geholfen hat, fragen ihre Schwester, was sie ihrerseits tun können, um ihr zu helfen.
Gigi Ibrahim meinte: »Sie hat bei so vielen Menschen einen unlöschbaren Eindruck hinterlassen. Sie sagen uns, ‚Mahienour ist unglaublich, sie hat unserer Familie geholfen, was können wir tun?«. Sie fügte aber hinzu: »Es ist eine schwierige Zeit für uns, da mehrere führende Revolutionäre im Gefängnis sitzen. Wir brauchen einen internationalen Protest. Solidarität ist die einzige Waffe, die uns zur Verfügung steht. Nur so konnten wir schon einmal Mahienour freibekommen. Wir brauchen diese Solidarität jetzt wieder mehr denn je.«
Vom 20. bis 21. Juni sind in London, Ottowa, Montreal, Seoul und New York Protestaktionen vor der ägyptischen Botschaft geplant. Mehr Informationen gibt es hier oder auf der Facebookseite »Free Mahienour«.
Was Du tun kannst:
- Schicke Protestnachrichten an die ägyptische Botschaft: Stauffenbergstr. 6-7, 10785 Berlin Embassy@egyptian-embassy.de
- Unterzeichne die Petition gegen die Todesurteile
- Beteilige dich an der Kampagne in sozialen Medien. Unterstütze die Facebook-Seite »Free Mahienour«
Dieser Artikel erschien erstmals auf der Webseite Socialist Worker. Aus dem Englischen von David Paenson
Schlagwörter: Ägypten, marx21, Protest, Repression, Solidarität