Kämpfen lohnt sich: Nach monatelangen Protesten gegen die geplante Verschärfung des Abtreibungsgesetzes in Spanien durch die konservative Partei Partido Popular (PP) wurde der Gesetzesentwurf diese Woche zurückgezogen.
Der Entwurf sah vor Schwangerschaftsabbrüche zu illegalisieren und eine Abtreibung nur im Falle einer Vergewaltigung und schweren gesundheitlichen Schäden der Frau zuzulassen. Nach dem Scheitern des Gesetzes gab der konservative Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón seinen Rücktritt bekannt, der an der Verschärfung des Abtreibungsgesetzes maßgeblich beteiligt war.
Eine der wichtigsten Mobilisierungen gegen das neue Gesetz war der sogenannte „Zug der Freiheit“, der am 1. Februar 2014 aus Asturien in der Hauptstadt Madrid eintraf. Diese Initiative ging von der Tertulia Feminista Les Comadres y Mujeres por la Igualdad de Barredos aus Asturien aus und wurde von diversen linken Organisationen, Parteien und Gewerkschaften unterstützt. Zehntausende demonstrierten für das Recht der Frau auf Selbstbestimmung über ihren Körper.
Der Widerstand sammelte sich unter dem Namen „Lila Flut“ und breitete sich in ganz Spanien aus. Lila Flut knüpft an Bewegungen wie die „weiße Flut“ (Gewerkschaftliche Organisierung Beschäftigter zusammen mit Angehörigen und PatientInnen im Gesundheitswesen) und die „grüne Flut“ (Proteste der Beschäftigten im Bildungsbereich zusammen mit Eltern, SchülerInnen und Studierender gegen Einsparungen im Bildungssystem) an. Diese Bewegungen sind aus der sozialen Bewegung 15M, den „Empörten“, die im Mai 2011 anfingen die Plätze in diversen spanischen Städten zu besetzen, entstanden. Das Ziel der Lila Flut ist es alle Maßnahmen, die jetzt oder zukünftig die sozialen, ökonomischen oder persönlichen Rechte der Frauen einschränken aufzuhalten.
Der Rückzug des Gesetzesvorhaben zeigt, dass sich die vielen Demonstrationen, Kundgebungen, Proteste von Beschäftigten aus dem Gesundheitsbereich, Manifeste und Aufrufe von Gewerkschaften, Organisationen, Parteien und feministischen Gruppen und der Arbeit von Bündnissen wie „Wir entscheiden“ (http://nosotrasdecidimos.org/), das von 400 zivilgesellschaftlichen Gruppen unterstützt wird gelohnt haben. Unterstützt wurden die Proteste auch durch die öffentliche Meinung. Denn die Mehrheit der SpanierInnen bis sogar teilweise ins konservative Lager lehnt die Verschärfung der Regelung für einen Schwangerschaftsabbruch ab.
Die PP ist 2011 mit dem Wahlversprechen angetreten, das Abtreibungsgesetz zu verschärfen. Mit Unterstützung der Katholischen Kirche. Aus der schriftlichen Reaktion des spanischen Bischofs Reig Plà auf die Rücknahme des Gesetzesvorhabens geht unter anderem hervor, dass für ihn der oben genannte Zug der Freiheit mit den Todeszügen nach Auschwitz vergleichbar ist, da Abtreibung die „infamste Art des Holocausts“ ist. Solche Reaktionen, aber auch Attacken auf Kliniken in Madrid, wo Abtreibungen durchgeführt werden und Gegen-Mobilisierungen ähnlich des „Marsch des Lebens“, der letzte Woche in Berlin stattgefunden hat zeigen, dass der Kampf für die Selbstbestimmungsrechte der Frau noch nicht endgültig gewonnen ist.
Zudem hat Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP) angekündigt, dafür zu sorgen, dass Minderjährige vor einer Abtreibung die Erlaubnis ihrer Eltern einholen müssen anstatt selbst darüber entscheiden zu dürfen. Dies ist auf große Kritik gestoßen. Einer der Gründe, warum in Spanien für den 28. September, dem globalen Aktionstag für die Straffreiheit von Abtreibung mobilisiert wird.
Die spanische Erfahrung zeigt, dass breite zivilgesellschaftliche Bündnisse in der Lage sind Initiativen von ultrakonservativen Katholiken und Konservativen, die Frauen ihre Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung absprechen wollen aufhalten können.
Foto: Adolfo Lujan
Schlagwörter: Abtreibung, Spanien