Südkorea wird oft als Positivbeispiel dafür genannt, wie die Corona-Pandemie wirksam bekämpft werden kann. Ein Gespräch mit Sozialisten über die Situation im Land, die Strategie der Regierung und den Widerstand von unten
Jang Ho-jong, Kim Munseong und Lee Jeongwon sind Mitglieder der sozialistischen Organisation Nodongjayeondae (Arbeitersolidarität) in Südkorea.
Die Fragen stellte Martin Haller.
Südkorea gilt weltweit als Vorbild im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Gegenwärtig ist die Zahl der Neuinfektionen jedoch wieder gestiegen. Wie ist die Situation im Land?
Die Regierung hat nach der Parlamentswahl im April die sozialen Distanzierungsmaßnahmen gelockert. Seit Anfang Mai sind sie nun vollständig aufgehoben. In der Zwischenzeit haben sich viele junge Menschen in Nachtclubs in der Nachbarschaft von Itaewon in Seoul angesteckt. Die Infektionen haben sich von dort aus schnell ausgebreitet. Nun wurden mehrere Logistikunternehmen im Land zu neuen Hotspots des Ausbruchs.
Bereits Ende Januar, als es nur vier Fälle im Land gab, ordnete die südkoreanische Regierung umfassende kostenlose Tests an. Welche Rolle spielen Tests auf SARS-CoV-2-Infektionen in der Strategie zur Bekämpfung der Pandemie?
Nicht jeder erhielt damals kostenlose Tests, sondern nur diejenigen, die Wuhan in China besucht hatten und Symptome zeigten. Dann wurden in der Stadt Daegu mehrere Tausend Infektionsfälle festgestellt. Erst nach dem Ausbruch dort begann die Regierung, den Umfang der Tests massiv auszuweiten.
Mit Erfolg?
Durch die Massentests gelang es, die Infektionswege bis zu einem gewissen Grad zurückzuverfolgen. Die rasche Ausbreitung von Covid-19 und insbesondere seine asymptomatischen Fälle erschweren es jedoch nach wie vor, Ausbrüche nachzuvollziehen. Die autoritären Maßnahmen der Regierung und die Suche nach Sündenböcken veranlassen die Menschen zudem dazu, ihre Erkrankung vor den Gesundheitsbehörden zu verbergen.
Wie werden die Tests durchgeführt und wie regelmäßig finden sie statt?
Im ganzen Land gibt es mehrere Screening-Kliniken in öffentlichen Krankenhäusern, in lokalen Gesundheitszentren und in ausgewiesenen großen Privatkliniken. Diejenigen, die Symptome zeigen oder bei denen es den Verdacht auf eine Infektion gibt, werden dort vor Ort getestet. Da die Inkubationszeit bis zu zwei Wochen beträgt, müssen sich aber auch diejenigen, die in der ersten Testrunde negativ getestet wurden, zwei Wochen lang selbst isolieren und erneut einen Test machen. Wenn sie in der zweiten Testrunde erneut negativ getestet werden, wird ihre Quarantäne aufgehoben.
Wer muss für die Tests bezahlen?
Die Tests sind für diejenigen kostenlos, die Symptome haben oder von der Regierung als Verdachtsfälle eingestuft wurden. Mit Ausnahme dieser Fälle müssen die Tests selbst bezahlt werden. Sie kosten umgerechnet etwa 110 Euro.
Was passiert, wenn man positiv getestet wird?
Positiv Getestete werden auf einer Isolierstation in von der Regierung dafür bestimmten Krankenhäusern aufgenommen. Sie werden dort auch ohne Symptome regelmäßig getestet, und wenn Sie bei mehr als zwei aufeinanderfolgenden Tests ein negatives Ergebnis erzielen, werden Sie entlassen.
Südkorea als Vorbild?
Die südkoreanische Regierung hat viel Lob und internationale Anerkennung dafür erhalten, dass es ihr gelungen ist, die exponenzielle Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen, ohne eine Ausgangssperre verhängen zu müssen. Zu Recht?
Dass Südkorea besser vorbereitet war als andere Staaten, hat damit zu tun, dass wir vor fünf Jahren bereits einen Ausbruch eines neuartigen Coronavirus erlebt haben. Im Frühjahr 2015 infizierten sich in Südkorea mindestens 186 Personen mit dem MERS-Virus, 38 Menschen starben. Die Inkompetenz der damaligen Regierung im Umgang mit dem Ausbruch löste große öffentliche Empörung aus. Daraufhin wurde das System zur Prävention und Kontrolle von Krankheiten reformiert. Die Regierung von Präsident Moon Jae-in, der 2017 nach dem Sturz der Regierung von Park Geun-hye durch Massenproteste an die Macht kam, hat nun von diesen Reformen profitiert, selbst aber nichts dazu beigetragen.
Was waren das für Reformen?
Die wichtigste Reform war wohl, dass die für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten zuständige Gesundheitsbehörde (KCDC) verpflichtet wurde, groß angelegte Pandemie-Reaktionspläne zu entwickeln. Erst im Dezember 2019 führte das KCDC Simulationen für eine Virus-Epidemie durch. Kurz darauf wurde der Ausbruch von SARS-CoV-2 in China bekannt. Das KCDC konnte daraufhin aus den erarbeiteten Reaktionsplänen Leitlinien für den Umgang mit dem neuen Virus entwickeln. Das ist der Grund dafür, dass die Regierung in Südkorea in der Lage war, in kurzer Zeit Testkits entwickeln zu lassen und die Zulassung für deren Einsatz zu erhalten. So konnten Tests schon vergleichsweise früh zu Beginn des Ausbruchs durchgeführt werden. Auch die Schulungsprogramme für medizinisches Fachpersonal waren hilfreich.
Also waren die Erfahrungen mit MERS dafür verantwortlich, dass Südkorea besser auf Covid-19 vorbereitet war als Europa?
Hinzu kommt, dass die Bevölkerung hier mit der Verwendung von Mund-Nase-Masken bereits vertrauter ist als die Menschen in europäischen Ländern.
Auch eine Folge des MERS-Ausbruchs von 2015?
Nein. Schon vor etwa zehn Jahren begannen viele Südkoreanerinnen und Südkoreaner wegen der starken Luftverschmutzung und Feinstaubkonzentration damit, Gesichtsmasken zu tragen. Das hat sich nun bei der Herstellung und Verwendung von Masken als Vorteil erwiesen. Teilweise waren die Erfolge bei der Eindämmung der Corona-Pandemie jedoch auch einfach Glück. Als das Virus im Februar ausbrach, waren hier gerade Schulferien.
Viele der Toten starben zuhause
Trotz alledem verbreitete sich das Virus auch in Südkorea rasant. Es gab Tausende von Fällen in den südöstlichen Teilen des Landes. Dutzende Menschen waren nicht einmal in der Lage, ins Krankenhaus zu gehen, da es keine freien Betten für Covid-19-Patienten gab, als deren Zahl plötzlich anstieg. Viele der Toten starben zuhause. Diese Tragödie ist eine direkte Folge der Tatsache, dass öffentliche Krankenhäuser weniger als zehn Prozent der gesamten Kliniken des Landes ausmachen. Südkorea konnte einen massiven Ausbruch wie in Teilen Europas oder den USA nur vermeiden, weil die Öffentlichkeit äußerste Vorsicht walten ließ.
Südkorea gilt nicht nur als vorbildlich beim Durchführen von Massentests, sondern auch, wenn es um die digitale Kontaktverfolgung über Handy-Apps geht. Andere sehen darin eine gefährliche Ausweitung des staatlichen Überwachungsapparates. Wie beurteilt ihr die App?
Diese Apps für Mobiltelefone sind für diejenigen gedacht, die als möglicherweise infiziert identifiziert wurden und sich selbst isolieren müssen. Zu ihren Hauptfunktionen gehören die Übermittlung von Informationen über den aktuellen Aufenthaltsort der Handybesitzer und die Überwachung ihrer Standorte, um sie daran zu hindern, ihre Häuser oder Selbstisolierungseinrichtungen zu verlassen.
Ist das denn notwendig?
Es kommt sehr selten vor, dass Menschen ihren Ort der Selbstisolierung verlassen. Häufig erhalten jedoch diejenigen, denen von der Regierung befohlen wird, zu Hause zu bleiben, keine ausreichende Unterstützung. Es gab daher einige Fälle, in denen Menschen nach draußen gingen, um das Lebensnotwendige zu kaufen. Die Apps dienen dazu, die Bewegungen zu kontrollieren und die Schuld für die Ausbreitung der Infektion auf den Einzelnen abzuwälzen.
Wie genau funktioniert die Kontaktverfolgung in Südkorea?
Zunächst werden die Erkrankten von den Quarantänebehörden zu ihren Bewegungen in den letzten Tagen befragt. Es werden Informationen über ihre Handysignaldaten, Kreditkartentransaktionen oder die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel untersucht. Wenn öffentliche Einrichtungen wie Restaurants als Teil der Bewegungspfade identifiziert werden, untersuchen die Behörden von dort aus Handysignaldaten, Kreditkartentransaktionen und Besucherprotokolle. Dann benachrichtigen sie diejenigen, die diese Einrichtungen besucht haben, und fordern sie auf, sich einem Test zu unterziehen. Wenn die Personen nicht antworten, besuchen Beamte sie, und in einigen Fällen spürt die Polizei sie auf. Die Quarantänebehörden veröffentlichen zudem online die Bewegungsdaten der Erkrankten der letzten zwei Tage bevor ihr positives Testergebnis bestätigt wurde.
Funktioniert das?
Solche autoritären Methoden veranlassen einige Menschen dazu, sich vor den Behörden zu verstecken, weil sie befürchten, dass ihre persönlichen Daten preisgegeben werden, und dann versucht die Regierung, noch härtere autoritäre Maßnahmen zu ergreifen. So entsteht ein Teufelskreis.
Kapitalistische Widersprüche
Anders als in Europa scheint die südkoreanische Regierung eine Strategie der vollständigen Eindämmung des Coronavirus zu verfolgen. Wie wird die Reaktion Europas auf die Pandemie in Südkorea diskutiert?
Die gescheiterten Experimente in Großbritannien und Schweden, »Herdenimmunität« herzustellen, schockierten die koreanische Öffentlichkeit, umso mehr, als diese Länder als »Wohlfahrtsstaaten« bekannt waren. Dasselbe gilt für den Umgang mit der Pandemie in Spanien, Frankreich und anderen Ländern.
Wahrscheinlich wird die Seuchenbekämpfung der südkoreanischen Regierung nur aufgrund der kläglichen Misserfolge dieser Länder als Erfolg gewertet. Ein renommierter koreanischer Experte für Präventivmedizin beschrieb es so: »Obwohl das Agieren der koreanischen Regierung nur 50 von 100 Punkten verdient, lässt die Tatsache, dass andere Länder nur 30 Punkte erreicht haben, es als Erfolg erscheinen.«
Unterscheidet sich die Strategie im Kampf gegen die Pandemie in Südkorea nicht grundsätzlich von den europäischen Ländern?
Auch unsere Regierung vertritt den Standpunkt, dass wir die Stellung halten und versuchen müssen, die Zahl der Todesopfer gering zu halten, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht. Aber auch sie trifft keine konkreten Maßnahmen dafür. Es gibt keine Anstrengungen, die medizinische Versorgung zu verbessern oder die Zahl der Krankenhausbetten oder des Personals zu erhöhen. Die Betonung liegt stattdessen auf der »Normalisierung« der Wirtschaft. Infolgedessen befürchten viele, dass die Situation in Südkorea morgen schon so aussehen könnte wie heute in den USA oder Europa.
Aber Präsident Moon Jae-In hat doch bereits mehrfach davor gewarnt, dass sich das Land bis spätestens Herbst auf eine zweite Welle der Pandemie vorbereiten müsse, und die Regierung hat angekündigt, bis zu eintausend neue Kliniken zu errichten. Ist das nicht ausreichend?
Es werden keine neuen Kliniken gebaut. Der angekündigte Regierungsplan sieht lediglich vor, bestehende Krankenhäuser in »Kliniken zur Behandlung von Atemwegserkrankungen« umzuwidmen. 500 Kliniken sollen ausschließlich für die Behandlung von Personen mit Covid-19-Symptomen dienen. Im Gegenzug sollen 500 öffentliche Einrichtungen wie etwa Bibliotheken in Arztpraxen umgewandelt werden, in denen Ärztinnen und Ärzte aus der Umgebung im Schichtdienst die Patienten untersuchen.
Es gibt viel zu wenig öffentliche Krankenhäuser
Der Plan soll verhindern, dass kleine Primärversorgungskliniken, denen es an geeigneten Quarantäneeinrichtungen mangelt, nach der Aufnahme von Covid-19-Patienten zusammenbrechen. Das sind offensichtlich notwendige Maßnahmen, weil es in Südkorea viel zu wenig öffentliche Krankenhäuser gibt und sich die Privatkliniken weigern, Menschen mit Verdacht auf Covid-19 aufzunehmen, da sie um ihre Geschäfte fürchten. Der Plan soll verhindern, dass das öffentliche Gesundheitssystem zusammenbricht, wie es im März in Daegu bereits geschehen ist. Wenn die Covid-19-Situation wie in den USA und einigen europäischen Ländern eskaliert, reicht das jedoch bei Weitem nicht.
Weil es an Krankenhausbetten mangelt?
Südkorea verfügt derzeit über etwas mehr als 10.000 Betten auf Intensivstationen – das sind 2.500 weniger als noch vor fünfzehn Jahren. Angesichts einer Auslastungsrate von fast 90 Prozent wird das System bereits bei 1.000 schweren Covid-19-Fällen gesprengt. Wir brauchen mehr öffentliche Krankenhäuser und müssen bei Bedarf auch privat geführte Krankenhäuser verstaatlichen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.
In Deutschland gab es mehrere Corona-Ausbrüche in der Fleischindustrie. Wie sieht es mit dem Infektionsschutz in Fabriken und Büros in Südkorea aus?
Die südkoreanische Regierung weigerte sich, nicht notwendige Arbeitsplätze zu schließen, selbst als die Krise ihren Höhepunkt erreichte. Die meisten Arbeiterinnen und Arbeiter sind Infektionsgefahren ausgesetzt, sowohl bei der Arbeit als auch, wenn sie mit überfüllten öffentlichen Verkehrsmitteln dort hinfahren. Kürzlich kam es zu Clusterinfektionen in Callcentern und Verteilungszentren von Logistikunternehmen.
Was war die Ursache?
Schlechte Arbeitsbedingungen, bei denen die Beschäftigten über einen langen Zeitraum auf engem Raum arbeiten müssen. Es gibt keine Schutzmaßnahmen für Logistik- und Zustellarbeiter, Pflegeheimbeschäftigte oder Postangestellte. Einzelne Beschäftigte werden für den Infektionsschutz ganzer Betriebe verantwortlich gemacht. In den Autofabriken von Hyundai und Kia sind Präventionsmaßnahmen reine Formsache. Selbst wenn eine Infektion auftritt, wird die Produktion fortgesetzt, nachdem Teile der Produktionslinien desinfiziert wurden. Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter, die zu den am stärksten marginalisierten Gruppen der Gesellschaft zählen, werden oft sogar von minimalen Maßnahmen zur Krankheitsprävention, wie dem Tragen von Gesichtsmasken, ausgeschlossen.
Gewerkschaften in Südkorea
Die Gewerkschaftsbewegung und ihre Forderungen sind ein wichtiger Bestandteil der politischen Diskussion in Südkorea. Wie gehen die Gewerkschaften mit der Corona-Krise um?
Die Gewerkschaftsführung setzt auf einen sozialpartnerschaftlichen Kurs. Sie haben das überzogene Protestverbot nicht infrage gestellt und drängen nun auf ein Sozialabkommen. Der erdrutschartige Sieg der sozialliberalen Regierungspartei über die Rechte bei der Parlamentswahl im April hat die Erwartungen auf eine Partnerschaft mit der Regierung weiter angefeuert.
Sind die Erwartungen berechtigt?
Die Reaktion der Regierung konzentrierte sich fast ausschließlich auf Hilfen für Unternehmen. Deregulierungen aller Art nehmen zu. Unterdessen haben Beschäftigte große Einbußen erleiden müssen. Im März und April gingen eine Million Arbeitsplätze verloren. Schwerwiegend sind auch die Lohneinbußen aufgrund von Kurzarbeit. Die Umstrukturierung in der Luftfahrt, der Automobilindustrie, dem Schiffbau und anderen Branchen gewinnt an Dynamik.
Die südkoreanische Regierung provoziert immer wieder Konflikte mit dem größten unabhängigen Gewerkschaftsbund, dem KCTU. Vor zwei Jahren wurde der Gewerkschaftsführer Kim Myeong-Hwan verhaftet. Wie ist die Lage der Gewerkschaften im Land heute?
Die letzte Regierung hatte eine harte Linie gegen die Gewerkschaften eingeschlagen, wurde aber 2017 durch eine Massenbewegung gestürzt. Diesmal agiert die herrschende Klasse vorsichtiger. Moon Jae-in versucht die Gewerkschaftsführung einzubinden, geht aber andererseits hart gegen militante Kämpfe vor. Gewerkschaftsrechte, die die alte Regierung abgeschafft hat, wurden nie wiederhergestellt. So bleibt beispielsweise die linke Lehrergewerkschaft, der unter Park der Rechtsstatus entzogen worden war, weiterhin verboten.
Hat es im Zusammenhang mit Corona Streiks oder Arbeitskonflikte gegeben?
Obwohl die Gewerkschaftsführung auf ein Sozialabkommen fixiert ist, gehen einige Beschäftigte in den Kampf. Die sich verschärfende Krise bei den Fluggesellschaften hat zu Angriffen, Entlassungen und erzwungenem unbezahltem Urlaub geführt. Als Reaktion darauf veranstalten einige der Entlassenen Kundgebungen und Sitzstreiks. Einige irreguläre Beschäftigte traten auch in kurze Streiks.
Ganze Häfen und Lagerhäuser wurden blockiert
Der beeindruckendste der jüngsten Kämpfe ist der Streik der Beschäftigten im Containerfrachtverkehr. Ihre Arbeitgeber nutzten die Coronakrise als Vorwand, um ihnen nicht einmal den Mindestlohn zu zahlen. Die Streiks fanden in mehreren Regionen statt. Ganze Häfen und Lagerhäuser wurden blockiert und schließlich ein greifbarer Erfolg erkämpft.
Die christliche Shincheonji-Sekte wurde für den Corona-Ausbruch im Februar verantwortlich gemacht. Die Stadt Seoul erhob sogar Strafanzeigen gegen mehrere führende Mitglieder der Gruppe. Sind das Sündenböcke oder ist an den Anschuldigungen etwas dran?
Das ist ein typischer Sündenbockfall. Shincheonji wird von anderen Kirchen wegen seines unorthodoxen Glaubensbekenntnisses gehasst. Doch die Ermittlungen sowohl der Staatsanwaltschaft als auch des KCDC ergaben, dass der Gruppe nichts vorzuwerfen ist. Die Regierung führte im Vorfeld der Parlamentswahl eine großangelegte Kampagne zur Dämonisierung von Shincheonji. Solche Versuche, Sündenböcke zu schaffen, gab es auch gegen LGBTQ-Personen und Migrantinnen und Migranten, die sich mit dem Virus infiziert hatten.
Was wisst ihr über die Situation in Nordkorea? Ist das Land aufgrund seiner Isolation tatsächlich kaum von Covid-19 betroffen oder wütet das Virus auch dort?
Die Gesundheitsversorgung in Nordkorea liegt aufgrund der chronischen wirtschaftlichen Not und der Sanktionen am Boden. Die nordkoreanische Regierung bestreitet offiziell, dass mehr als eine einzige Person im Land positiv getestet wurde. Ob das glaubhaft ist, ist aber extrem fraglich. Nordkorea teilt eine lange Grenze mit China, die sie nicht perfekt kontrollieren können. Die Wirtschaftssanktionen müssen aufgehoben werden, damit Nordkorea Covid-19 kontrollieren kann!
Das Interview wurde von Lee Yesong und Kyle Chun aus dem Koreanischen ins Englische übersetzt. Übersetzung ins Deutsche von Martin Haller.
Foto: Sreenshot 국토교통부
Schlagwörter: Corona, Coronavirus, Südkorea