Die USA verfolgen, wie alle anderen internationalen Mächte auch, ihre eigenen imperialistischen Interessen in Syrien. Ein Kommentar zum Abzug der US-Truppen aus Syrien. Von Frank Renken
Im Dezember kündigte US-Präsident Donald Trump an, er werde seine Truppen aus Syrien abziehen. Führende Außenpolitiker der Linksfraktion im Bundestag haben dies begrüßt und gleichzeitig gefordert, das Assad-Regime solle die Kontrolle über ganz Syrien wieder herstellen. Das ist eine zynische Position, die auf nichts anderes als auf die Restaurierung einer brutalen und korrupten Diktatur hinausläuft. Andere, die mit dem Befreiungskampf der Kurden sympathisieren, befürworten den Verbleib der US-Truppen. Sie hoffen, dass dies die türkische Armee von einem Angriff auf Rojava abhält, dem von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gehaltenen Gebiet. Auch diese Reaktion halte ich für falsch.
Kurden in Syrien
Richtig ist, dass die USA in Syrien mit den YPG ein Zweckbündnis eingegangen sind. Dabei ging es nie um die Befreiung des kurdischen Volkes. Die YPG haben lediglich die Bodentruppen für die US-geführte Luftkriegskoalition im Kampf gegen den IS gestellt. Und so nebenbei sichergestellt, dass keine Landverbindung zwischen dem Iran und dessen Verbündeten, dem Assad-Regime und der libanesischen Hisbollah, entsteht. Dafür nahmen die USA in Kauf, dass die YPG einen beträchtlichen Teil Syriens erobern und einen kurdischen Quasi-Staat etablieren konnten.
Das war nie auf Dauer angelegt. Die USA haben eine begrenzte Zahl Truppen abgestellt, um die YPG und deren arabische Bündnispartner auszubilden. Doch zu keinem Zeitpunkt haben die YPG die Waffen und das Großgerät erhalten, die sie in die Lage versetzen würden, das Gebiet auch selbständig zu halten. Sie sind für die USA nur als Bündnispartner interessant, solange sie politisch und militärisch abhängig bleiben. Diese militärische Abhängigkeit zeigte sich im nordwestlich gelegenen kurdischen Kanton Afrin, den die türkische Armee vor einem Jahr überrollt hat. Die USA haben keinen Finger gerührt, um die Kurden zu unterstützen. Denn Afrin hat strategisch keinen Wert zur Einhegung des iranischen Einflusses in Syrien.
Imperialistischen Interessen in Syrien
Die USA verfolgen, wie alle anderen internationalen Mächte auch, ihre eigenen imperialistischen Interessen in Syrien. Deshalb ist das Land heute faktisch geteilt: In den Gebieten, die vom Assad-Regime beherrscht sind, üben Russland und Iran Einfluss aus. Daneben gibt es eine türkisch kontrollierte Zone im Norden, eine unter US-Einfluss stehende kurdische Zone im Osten und die von Israel besetzten Golanhöhen im Südwesten.
Die imperialistischen Ziele prägen auch die Art der Kriegsführung. Die US-geführte Allianz führt – wie zuvor Russland auch – Krieg mit Bomben aus der Luft. Dabei wurden ungezählte Zivilisten getötet, verletzt oder obdachlos gemacht – mit Unterstützung der deutschen Luftwaffe.
Abzug macht die US-Politik nicht friedlicher
Von den 2000 Soldatinnen und Soldaten mag der Großteil abziehen – die US-Politik wird nicht friedlicher. Im Repräsentantenhaus ist bereits ein Gesetz beschlossen worden, um Trumps Entscheidung »auszubalancieren«: Nun soll verstärkt auf die Aufrüstung Saudi-Arabiens, Jordaniens und Israels orientiert werden. Diese Bündnispartner der USA verfolgen ein gemeinsames Ziel: Sie arrangieren sich mit der Restauration der Macht Assads in Syrien, während sie gleichzeitig die iranischen Positionen im Land angreifen. So bombardierte die israelische Luftwaffe im Jahr 2014 sechs Ziele in Syrien; im Jahr 2018 waren es schon 112 Ziele.
Alle Truppen müssen abziehen
Wenn sich nun die Bundesregierung alarmiert zeigt und Außenminister Heiko Maas den angekündigten US-Abzug als überhastet kritisiert, dann sollten sich Linke nicht mit solchen Positionen gemein machen. Alle internationalen Truppen müssen abziehen, denn sie bringen keinen Frieden. Es gibt in Syrien keine Alternative zum Aufbau einer demokratischen Bewegung von unten, die die ethnisch-konfessionellen Grenzen überwindet.
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