Die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ist eine weitere Eskalationsstufe im Krieg, die die Nato bereitwillig eingeht, um ihre imperialistischen Interessen durchzusetzen. Eine Einordnung von Stefanie Haenisch
Bei der Diskussion vor einem halben Jahr über die Lieferung von Kampfpanzern ging es nicht nur um diese Waffen. Es ging auch um die Frage, ob man von der Verteidigung der Ukraine übergeht zur Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete. Trotz der Lieferung der Kampfpanzer kommt diese Offensive nur schleppend voran und kostet auf ukrainischer Seite unglaublich viele Opfer.
Bei der Diskussion über die Lieferung von bunkerbrechenden Taurus-Marschflugkörpern, die ihre Ziele eigenständig finden, geht es darum, die russische Armee in Stellungen weit hinter der gegenwärtigen Front angreifen zu können. Je nach Typ haben Taurus-Raketen eine Reichweite bis zu 500 km, eine Reichweite, mit der auch Ziele in Russland angegriffen werden könnten.
Deutschland und die USA wollen gegenwärtig keine Konfrontation mit Russland, mit der die Nato offiziell in den Krieg einbezogen würde. Ein Angriff auf russisches Gebiet jenseits der ukrainischen Grenzen wäre auf jeden Fall der Kriegsfall.
Taurus eskaliert den Krieg weiter
Die Rückeroberung der von Russland nach Februar 2022 besetzten und vor Februar 2022 annektierten Gebiete mag nicht völkerrechtswidrig sein. Doch der Versuch der Rückeroberung der Krim wird zu einer scharfen Eskalation und zu einem ungeheuren Schlachten führen. Wesentlich an der Krim ist für Russland, dass Sewastopol der Heimathafen und Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte ist und der Ausgangspunkt zum Mittelmeer. Diesen Militärstandort wird keine russische Regierung aufgeben wollen. Sie wird ihn mit Zähnen und Klauen verteidigen.
Deshalb ist die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern nicht nur eine Lieferung einer weiteren schweren Waffe. Wie die Lieferung von Kampfpanzern würde sie eine weitere militärische Eskalation seitens der Nato bedeuten, da damit russische Stellungen in der Landverbindung Krim-Russland angegriffen werden. Wir erinnern uns an die Schlacht um Mariupol 2014 und die Belagerung und völlige Zerstörung Mariupols 2022. (Lies hier den marx21-Artikel »DIE LINKE gegen Leopard 2 für die Ukraine«.)
Die Mehrheit lehnt Waffenlieferungen ab
Laut einer FORSA-Umfrage von Anfang August lehnen 66 Prozent der Bevölkerung in Deutschland die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern ab. Fast die Hälfte glaubt nicht daran, dass die von Russland annektierten Gebiete militärisch befreit werden können. Für 91 Prozent ist ein Ende des Krieges nicht in Sicht. Sie haben bedauerlicherweise Recht.
Die US-Regierung und die Regierungen der anderen Nato-Staaten, nicht zuletzt die Ampel-Regierung behaupten seit Beginn des Krieges, die Lieferung überlegener westlicher Waffen könnten den Krieg schnell beenden. Russland wird weder die Krim, noch den Landzugang zur Krim aufgeben wollen. Für die Nato wäre die Verdrängung Russlands vom Schwarzen Meer ein großer wirtschaftlicher und militärischer Machtgewinn. Die Konstellation ist eine Rutschbahn in den ersten Weltkrieg im 21. Jahrhundert.
Die Perspektive muss das Ende des Krieges sein
Wenn das verhindert werden soll, müssen wir als Linke alles daran setzen, die Menschen, die gegen die Lieferung von Taurus und weiteren schweren Waffen sind, die endlich ein Ende des Krieges, die keine weitere Aufrüstung der Bundeswehr wollen, zusammenbringen, um gegen weitere Waffenlieferungen und einen sofortigen Waffenstillstand zu kämpfen.
Eine starke sichtbare Anti-Kriegsbewegung in Deutschland und anderswo in Nato-Staaten könnte die Botschaft an die russischen Arbeiter:innen und Soldat:innen senden – wir, Menschen in Deutschland und anderen Nato-Staaten, wollen ein Ende des Krieges – wir kämpfen hier gegen Waffenlieferungen, die den Krieg verlängern, denn nicht die Herren der Nato – Staaten werden den Krieg beenden und Putin auch nicht, aber russische Soldaten und ihre Abeiter:innenfamilien an der Heimatfront.
Titelbild: ILA
Schlagwörter: Krieg, NATO, Ukraine, USA, Waffenlieferung