Die Rassistinnen und Rassisten von Pegida, Alternative für Deutschland (AfD) und NPD bestimmen zur Zeit auf der Straße den Ton in der Flüchtlingsdebatte. Die Hardliner in der Union nehmen deren Parolen auf, Merkel und Gabriel geben ein ums andere Mal nach. Eine fatale politische Logik. Ein Kommentar von Volkhard Mosler
Das neue Asylgesetz und der Beschluss der drei Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD für die Schaffung so genannter zentraler Registrierzentren für Flüchtlinge haben eines gemeinsam: Flüchtlinge die Schutz suchen sollen einfacher und schneller wieder abgeschoben werden können. Damit will die Bundesregierung die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge reduzieren – von Willkommenskultur ist nur noch in der Fußnote die Rede.
Seehofer setzt den Ton
Führende Vertreter der großen Koalition erweckten in den letzten Wochen den Eindruck, dass Deutschlands Aufnahmefähigkeit von Flüchtlingen ihre Grenze erreicht habe oder bald erreiche. Damit einher ging die Argumentation, dass noch mehr Flüchtlinge Wasser auf die Mühlen der Rassisten, Flüchtlingsgegner und Rechtsextremen sei. Dabei gibt es eine Abstufung von Seehofer zu Merkel und von Merkel zu Gabriel. Seehofer setzt den Ton, von ihm stammte die Forderung nach Transferzentren als Haftzonen, die man ohne Anerkennung durch die Aufnahmebehörde nur durch Rückkehr ins Herkunftsland (Österreich, Türkei usw.) verlassen kann. Nach dem Modell der Flughafenregelung sollten möglichst alle ankommenden Flüchtlinge bis zu vier Wochen in den »Transitzonen« festgehalten werden. Merkel und Seehofer hatten sich auf eine solche Regelung geeinigt. Die SPD stimmte dann der Einrichtung von zentralen Registrierzentren zu, die den Flüchtlingen einerseits erlauben, die Zentren zu verlassen, andererseits eine verschärfte Residenzpflicht wieder einführen, die erst am 1. Januar 2015 abgeschafft worden war. Danach verlieren die Flüchtlinge aus »sicheren Herkunftsländern« und diejenigen ohne gültige Ausweisdokumente den Anspruch auf Unterstützung, ihre Antrag »ruht«, wenn sie die Landkreis des Registrierzentrums verlassen.
Verschlechterungen des Asylrechts
Kaum war die Einigung der drei Parteivorsitzenden verkündet, trat Innenminister de Maizière mit neuen, weitgehenden Verschlechterungen des Asylrechts an die Öffentlichkeit. Afghanistan soll zumindest regional zum sicheren Herkunftsstaat erklärt werden, syrische Flüchtlinge sollen nur noch »subsidiären Schutz« erhalten, das heißt ein auf ein Jahr begrenztes Aufenthaltsrecht habe das Recht auf Familiennachzug verlieren. Die Befürworter solcher weiteren Angriffe auf das Asyl- und Flüchtlingsrecht können sich darauf berufen, dass die bisherigen Verschlechterungen eben nicht zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen geführt haben. Wenn dies aber das einmal festgehaltene Ziel ist, dann müssen in dieser Logik immer neue, noch schärfere Einschränkungen her.
Eine fatale Logik
Das Fatale an der Logik dieser Auseinandersetzung ist, dass sie vorgeblich dazu dient, den Rassisten und Faschisten den Wind aus den Segeln zu nehmen, aber in Wirklichkeit die Position all jener stärkt, die behauten, dass noch mehr Flüchtlinge nicht mehr »integrierbar« seien und dass »das Boot schon voll« sei. Die einfache politische Logik hinter der gesamten Debatte ist, dass die Rassisten von Pegida, NPD und AfD auf der Straße den Ton bestimmen, dass die CSU deren Parolen aufnimmt und verstärkt und Merkel und Gabriel ein ums andere Mal nachgeben. Neu ist diese politische Mechanik nicht. 1981 hatte der NRW-Landtag beschlossen, »… dass die Aufnahmemöglichkeiten des Landes Nordrhein-Westfalen erschöpft sind.« (CDU und SPD hatten den Antrage gemeinsam eingebracht). Damals schrieb die sozialistische Zeitung »Klassenkampf«: »Wenn da von »erschöpften Aufnahmefähigkeiten die Rede ist, dann darf jeder, der es so will, darunter verstehen, dass man ihm den Anblick von mehr »Fremden« in unseren Straßen nicht zumuten will. Das ist Wasser auf die Mühlen der Nazis, die daraus politisches Kapital schlagen wollen. Und wenn ihnen das gelingt, können unsere Regierungen bei nächster Gelegenheit feststellen, die Ausländerfeindlichkeit habe wieder zugenommen und deshalb (!) müssten weitere schärfere Maßnahmen zur Einschränkung des Asylrechts und der Familienzusammenführung getroffen werden«. Die Zeilen haben bis heute auf erschreckende Weise ihre Gültigkeit bewahrt – es ist höchste Zeit, dass die Linke versucht diese Logik zu durchbrechen.
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